Eberhard Baumann

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Mit Eberhard Baumann, dem Reformierten im pommerschen Bruderrat der Bekennenden Kirche (BK) in Stettin, arbeitete Dietrich Bonhoeffer gern zusammen, seit das von ihm geleitete BK-Predigerseminar im Juni 1935 nach Finkenwalde bei Stettin gezogen war. Baumann seinerseits schickte Vikare, die er fördern wollte, nach Finkenwalde zum Teilnehmen am gemeinsamen Leben. – Zur "Wiederherstellung geordneter Zustände" in der Deutschen Evangelischen Kirche wurde staatlicherseits am 30.10.1935 ein Reichskirchenausschuss, am 27.12.1935 ein Provinzialkirchenausschuss für Pommern eingesetzt. Am 12.1.1936 predigte Bonhoeffer in einem Bekenntnisgottesdienst in Finkenwalde zur Wiederherstellung Jerusalems nach den alttestamentlichen Büchern Esra und Nehemia. Die im April 1936 auf der Freizeit für die Teilnehmer des ersten Finkenwalder Halbjahreskurs (Sommer 1935) zum selben Thema gehaltene Bibelarbeit wurde am 18.7.1936 in der Zeitschrift "Junge Kirche" veröffentlicht. Esra 4,3: Es "geziemt uns nicht, mit euch zusammen unserem Gott ein Haus zu bauen"; einem "aufbauwilligen Ausschuss von Männern aller Richtungen", aufgestellt von dem Staat, der die Evangelische Kirche der altpreußischen Union im Juni 1933 zerstört hatte, müssen wir unser Mittun verweigern. Am 4.8. schloss der Greifswalder Alttestamentler Friedrich Baumgärtel eine Broschüre ab, in der er sich gegen Bonhoeffers "Preisgabe des Alten Testaments" verwahrte; erwiesen sei, dass für jenen Wiederaufbau des zerstörten Jerusalem ab 445 vor Christus man sich laut Esra und Nehemia kräftig staatlicher Beihilfe bediente. Baumann schrieb nach der Lektüre der Broschüre weise zurückhaltend an Baumgärtel, die Kritik an Bonhoeffers Schriftauslegung hielte er für berechtigt – aber sie wäre doch fast auch kirchenpolitisch zu verstehen. Baumgärtel entgegnete, ihm läge an der Hilfe für die jungen Theologen, die "innere Not" litten um das Alte Testament, "weil sie unter dem Ansturm Bonhoeffers wehrlos werden". Darauf Baumann: Die ganze Not, beiderseits, bricht auf über der Haltung der Dozenten zu den "Entscheidungen der Kirche"; wie lange wird es noch möglich sein für theologische Lehrer an Universitäten, "als Staatsbeamte, die sie sind, zugleich im Sinn und Dienst der evangelischen Kirche zu lehren, der sie angehören". (Bonhoeffers Lehrtätigkeit an der Berliner Universität endete am 18.2.1936; die Lehrbefugnis wurde ihm am 24.8.1936 entzogen.) – Im Januar 1936 war ein Kandidat aus der Finkenwalder Gemeinschaft ausgeschieden und hatte sich dem pommerschen Kirchenausschuss unterstellt; einige andere folgten. Für diesen Schritt in die staatliche Legalität plädierte an der Universität Greifswald der gesamte Lehrkörper. Baumann konstatierte im Sommer 1938: In unserer Provinzialkirche droht die BK "sich in ihrer Mehrheit den Ausschüssen anzuschließen". Er warnte wie Bonhoeffer vor dem Sich-Einlassen mit dem falschen Kirchenregiment. – Bonhoeffer verfasste im Auftrag des pommerschen Bruderrats für den monatlichen Rundbrief an die Pastoren theologische Beilagen; die erste ging zu Weihnachten 1939 hinaus. Im Februar 1940 war "Eine Anleitung zum Studium des VII. Artikels der lutherischen Konkordienformel" beigelegt: Die lutherische Kirche sei in den Streit mit den Reformierten gegangen, um "das Wunder und das Geheimnis des Abendmahls Jesu Christi als solches stehen zu lassen". Dieser "Gruß" stürzte Baumann in "tiefe Schwermut" (12.3.1940). Die Formula Concordiae werde "nicht ohne Grund Formula Discordiae genannt", Zwietracht statt Eintracht stiftend. Er als als Reformierter habe also recht daran getan, nicht mehr mitzuarbeiten im pommerschen Bruderrat, um diesen in der "lutherischen" Provinz nicht allzu schwer zu belasten. Bonhoeffer schrieb an Baumann betroffen über "das völlige Missverständnis" (21.3.): Er  habe zum eigenen Studieren anleiten wollen. Baumann ging noch im März darauf ein. Hätte dann nicht auch gezeigt werden müssen, wie das zu machen wäre? Nämlich: die "reformatorischen Schriften hüben und drüben" zu vergleichen "unter dem Licht der Heiligen Schrift". Fünfzehn Jahre im theologischen Prüfungsamt hätten ihn, Baumann, belehrt, dass lutherische Theologen Pommerns reformierte Bekenntnisse zu studieren nicht für nötig hielten. (Bonhoeffer hatte in Finkenwalde dafür gesorgt, "dass Lutheraner und Reformierte jeweils die hauptsächlichen Bekenntnisschriften des anderen Bekenntnisses kennen", sowie zu täglicher Schriftmeditation angehalten.) Weit entfernt davon, sich vor Baumann zu rechtfertigen, freute ihn in seinem Antwortbrief (21.5.1940) "die weitgehende Übereinstimmung". "Es war mir um so betrüblicher, mit Ihnen uneins zu werden, als ich mich in den vergangenen Jahren gerade theologisch mit Ihnen immer besonders einig gewusst habe". Wie für Baumann die Arbeit im Bruderrat, so war für Bonhoeffer die Arbeit in der "illegalen" Theologenausbildung zu Ende gegangen – deren letzte Stätte in den hinterpommerschen Wäldern schloss am 18.3.1940 die Staatspolizei.

Quelle:

Bethge, Eberhard: Dietrich Bonhoeffer. Theologe – Christ – Zeitgenosse. Eine Biographie. Gütersloh 20059, 341, 501, 539, 569, 571, 599f, 602, 647, 697. DBW 14, 151, 230, 537, 930, 938, 945; DBW 15, 548, 550.

BAUMANN, EBERHARD (1871- 1956): wurde am 27.5.1871 in Lübbenau/Brandenburg geboren. 1899 Ordination und Pfarrer in Politzig, Provinz Posen;  1901 Prinzenerzieher; 1905 Archäologie- und Volkskunde-Studien in Palästina; 1907 Domprediger in Halle an der Saale; im Krieg 1914-1918 zeitweise Feldprediger; in Stettin 1923-1943 Superintendent, Konsistorialrat; Februar 1934 vorübergehend in den einstweiligen Ruhestand versetzt; Teilnehmer an der Reichsbekenntnissynode Barmen 29.-31.5. und Dahlem 19./20.10.1934; im Reformierten Bund, der sich in Detmold am 29./30.11.1934 auf die Linie der Bekennenden Kirche festlegte, stellvertretender Moderator; im pommerschen Bruderrat theologischer Dezernent, stellvertretender Präses der pommerschen Bekenntnissynode; 1935 zeitweise stellvertretendes Mitglied im Reichsbruderrat;  Teilnehmer an den Reichsbekenntnissynoden Augsburg 1935 und Bad Oeynhausen 1936. Baumann starb am 29.2.1956 in Preetz.

Vita aus:

Kalliope. Verbundkatalog Nachlässe und Autographen. Bethge, Eberhard: Dietrich Bonhoeffer. Theologe – Christ – Zeitgenosse. Eine Biographie. Gütersloh 92005.

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