Gerhard Jacobi

Person

Bei Gerhard Jacobi, dem Pastor der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin, traf sich ein Pfarrerkreis, jeden Montag 100–120 Pastoren, dem Dietrich Bonhoeffer sich 1932 anschloss. Er vertrat als Prediger Jacobi in dessen Kirche am 12. und 19.6. 1932 und am 25. und 28.5.1933. Für die von Hitler zum 23.7.1933 angesetzten Wahlen in der evangelischen Kirche verfasste die Jungreformatorische Bewegung, zu denen unter anderen Gruppen Angehörige des Kreises um Jacobi gehörten, einen Wahlvorschlag: ‚Evangelische Kirche‘!; die Junge Kirche veröffentlichte ihn in ihrer Nummer 4 am 17. Juli. Prompt erwirkte die Glaubensbewegung Deutsche Christen (DC) eine einstweilige Verfügung gegen die Liste; die Geheime Staatspolizei erschien in den Büroräumen der Jungreformatoren und beschlagnahmte das Wahlmaterial. Daraufhin ging ein Telegramm an Reichskanzler Adolf Hitler ab, die Konfiszierung soeben 19,25 uhr mache zugesagte freie wahl des kirchenvolkes unmoeglich. Noch am selben 17. Juli erhob der Beauftragte des Reichsministers des Innern für die unparteiische Durchführung der Kirchenwahlen in einem Schnellbrief an den Herrn Preußischen Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung Einspruch, und am 18. Juli vormittags 10,10 Uhr ersuchte er telegrafisch den Polizeipräsidenten um Freigabe des Materials. Jacobi, angetan mit seinen zwei Eisernen Kreuzen aus dem Weltkrieg, und Bonhoeffer drangen am Nachmittag in der Prinz-Albrecht-Straße zum Chef der Gestapo vor und verhandelten. Jacobis Angebot, die Liste umzubenennen in Evangelium und Kirche, wurde angenommen, Rückerstattung eines Teils des Wahlmaterials zugesagt und, falls die Vereinbarung nicht eingehalten werde, das Konzentrationslager in Aussicht gestellt. Noch am selben 18. Juli gaben Jacobi und Lic. Bonhöffer den Jungreformatoren die Vereinbarung zur Kenntnis, baten dringend um ihre Einhaltung zwecks Vermeidung von Unannehmlichkeiten, aber auch um Meldung von Beeinträchtigungen der Freiheit der Wahl insbesondere durch Drohungen seitens sich mit der Liste Deutsche Christen identifizierender NSDAP-Gruppen. Die Junge Kirche druckte ihre Nummer 4 mit dem veränderten Listennamen neu. Am 23. Juli siegte die DC mit Dreiviertel-Mehrheit. – Am 4.6.1934 erreichte ein Anruf aus Berlin Bonhoeffer, zu der Zeit Auslandspfarrer in London: ob er das Amt eines Predigerseminar-Leiters annehmen würde. Dass Bonhoeffer berufen wurde, setzte Jacobi am 4.7.1934 in dem am 29.5. gebildeten Altpreußischen Bruderrat durch. Damit wollte er, wie er später erklärte, Bonhoeffer auch von der Idee abbringen, nach Indien zu gehen, um bei Gandhi Gewaltlosigkeit und Leiden zu lernen. In dem, was Bonhoeffer impulsiv einfiel und wovon er selber hinterher auch abrücken konnte, sah Jacobi Befremdliches; er würdigte aber Bonhoeffers wachen Geist, der aus der Tiefe immer Neues herausholte.

Quelle:

Dietrich Bonhoeffer. Bilder seines Lebens. Hrsg. v. Bethge, Renate und Gremmels, Christian. Gütersloh 2005.

JACOBI, GERHARD (1891-1971): wurde am 25.11.1891 in Bremen geboren. Studium der evangelischen Theologie in Tübingen, Berlin und Halle an der Saale; 1914 Erstes  Theologisches Examen; 4.7.1914–16.11.1919 Militärdienst; 1920 Zweites Theologisches Examen; 1.6.1921–31.1.1923 Geschäftsführender Geistlicher der Gefängnisgesellschaft, zugleich Pfarrer am Gerichtsgefängnis in Halle; 1.4.1927–31.1.1927 Pfarrer an der Pauluskirche in Halle; 1.2.1927–31.3.1930 Domprediger in Magdeburg; 1.4.1930–31.3.1954 Pfarrer an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin; 1933 im Pfarrernotbund, 20.10.1934 in dessen Bruderrat berufen; 1934 im Bruderrat der Evangelischen Kirche der Altpreußischen Union (ApU) und im Reichsbruderrat; wiederholt in Haft;  1.9.1939–30.12.1940 Militärdienst; im Prozess gegen den Prüfungsausschuss des ApU-Bruderrats 10.-22.12.1941 freigesprochen; 1.10.1945 Superintendent in Berlin Kreis Charlottenburg; 1.1.1946 Generalsuperintendent Berlin (West) / Sprengel I; 3.9.1954 bis 1967 Bischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Oldenburgs. Theologische Ehrendoktorate Eden Seminary bei St. Louis, Illinois (1936) und Universität Heidelberg (1951).

Vita aus:

Kalliope. Verbundkatalog Nachlässe und Autographen., DBW 13, 554 im Personenverzeichnis; DBW 16, 876 im Personenverzeichnis.

Leben und Werk

Bonhoeffer heute

Forschung

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