Sigismund Payne Best

Payne Best

Payne Best

Foto von Charles Doran

Der britische Geheimdienstoffizier Payne Best und Dietrich Bonhoeffer begegneten sich Ende Februar 1945 in Buchenwald, dicht beim Konzentrationslager, in einem Wohnhaus-Keller, in dem sie und weitere fünfzehn Personen gefangen gehalten wurden. Ein dritter Häftling stellte die beiden einander in aller Form im Waschraum vor. Best wirkte damals wie die Karikatur eines Engländers: Sehr hager, sehr groß, etwas gebeugt, Pferdegebiss (ihm vom Dentisten im KZ Sachsenhausen verpasst), Monokel, verbindlich lächelnd – und Vertrauen erweckend diskret. Sein Eindruck von Bonhoeffer: Es war etwas Hundeartiges in seinem treuen Blick und in seiner Freude, wenn man ihm zeigte, dass man ihn mochte. – Auf der am späten Abend des 3.4.1945, Osterdienstag, beginnenden Reise der Buchenwalder Häftlingsgruppe im Gefangenentransporter, der "Grünen Minna", bewunderte der passionierte Raucher Best, dass der Raucher Bonhoeffer seinen aufgesparten Tabak unter die Insassen verteilte: ein guter heiligmäßiger Mensch. Sie reisten zusammen bis ins Schulhaus von Schönberg. Dort hielt am Weißen Sonntag, 8.4.1945, Bonhoeffer der Gruppe eine Morgenandacht, die Best sehr angemessen fand. Am frühen Nachmittag erschienen im Schulzimmer zwei Zivilisten und befahlen: Gefangener Bonhoeffer, mitkommen! Best berichtet: "… er zog mich beiseite – 'Dies ist das Ende, für mich der Anfang des Lebens', und gab mir dann eine Botschaft an den Bischof von Chichester", zweimal mit denselben Worten, Bests Hand festhaltend, tief bewegt. Am nächsten Tag starb Bonhoeffer in Flossenbürg. An eben diesem 9.4. begann für Best und weitere Häftlinge der Buchenwalder Gruppe die Fahrt in die Freiheit. – Kurz nach dem Erscheinen von Bests Buch "The Venlo Incident", das im achten Kapitel die Ereignisse von Buchenwald bis Schönberg schildert, wandte sich Bonhoeffers Zwillingsschwester Sabine Leibholz an Best. Er schrieb ihr am 2.3.1951: Bonhoeffer merkte man nicht im Geringsten an, dass er Monate im Gefängnis verbracht hatte und sein Leben in Gefahr wusste; wir beide hielten einhellig unsere Wächter für bemitleidenswerter als uns Bewachte; Bonhoeffer habe ihm bei seinem Unternehmen, mit Humor den Umgangston im Keller aufzuhellen, durch seinen Sinn für Späße und seine Heiterkeit geholfen. – In den Papieren des Bischofs von Chichester George Bell befindet sich ein Briefwechsel zwischen ihm und Best (23.9.,  5. und 13.10.1953). Als Geheimdienstoffizier war Bell gewohnt, sich auch unverstandene Botschaften einzuprägen und mündlich zu übermitteln. Wann im Jahre 1945 er Bonhoeffers Botschaft Bell brachte, ist nicht dokumentiert. Bell machte sich sogleich Notizen ("… unsere universale christliche Bruderschaft über alle nationalen Interessen hinweg" … niemals die Worte des Bischofs "bei unserem letzten Treffen vergessen"). 1953 Best an Bell: Mir schoss damals der Gedanke durch den Kopf, die Botschaft sei kodiert. Bell an Best: Sie werden sehen, die Botschaft war kurz, eine arrangierte Verschlüsselung gab es nicht. Worüber er und Bonhoeffer gesprochen hatten, als sie sich zuletzt am 31.5.1942 in Schweden sahen (Deutschland ist schuldig – wir Deutsche müssen büßen – die Schuld öffentlich zu erklären ist wichtig), war auch dem Bischof unvergesslich.

Quelle:

Bethge, Eberhard: Dietrich Bonhoeffer. Theologe – Christ – Zeitgenosse. Eine Biographie. Gütersloh 20059, 1015, 1027-1031, 1037. DBW 16, 291, 294, 468. Dietrich Bonhoeffer Jahrbuch 3, 2007/2008, 116f, 124, 126, 136, 139f, 144f, 355f.

BEST, SIGISMUND PAYNE (1885-1978): Mehrsprachiger Brite; Musik- und Wirtschaftswissenschafts-Studium an der Universität München; im Ersten Weltkrieg Angehöriger des britischen Secret Intelligence Service (SIS); in Den Haag Kaufmann, verheiratet mit einer Niederländerin, spielte in einem Quartett Geige mit dem Prinzgemahl Hendric der Königin Wilhelmina; 1939 als SIS-Hauptmann zusammen mit dem SIS-Major Richard Stevens beauftragt, in Venlo einen General aus dem deutschen Widerstand zu treffen, der Kontaktmann wurde vom Sicherheitsdienst der SS erpresst, die beiden SIS-Leute am 9.11.1939 gekidnappt, wobei der SD der SS eine Liste aller britischen SIS-Leute in die Hand bekam. Als wertvoller Gefangener wurde Best im Konzentrationslager Sachsenhausen festgesetzt, 1945 kurz in das Gefängnis des Reichssicherheitshauptamts in Berlin und am 24.2. nach Buchenwald verlegt, am 3.4. nach Regensburg, am 7.4. nach Schönberg im Bayrischen Wald transportiert, von dort am 9.4. abgeholt, nach Dachau und mit weiteren Prominenten in die Alpen gebracht, wo diese Gruppe aus dem SS-Gewahrsam frei kam. Best verfasste nach seinen Tagebuchaufzeichnungen das Buch The Venlo Incident, London 1950.

Vita aus:

Bethge, Eberhard: Dietrich Bonhoeffer. Theologe – Christ – Zeitgenosse. Eine Biographie. Gütersloh 20059, 1035, 1038. Dietrich Bonhoeffer Jahrbuch 3, 2007/2008, 115-118, 132, 356. Kalliope. Verbundkatalog Nachlässe und Autographen.

Hermann  PünderFriedrich  Rabenau

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