Walter Dreß

Person

Susanne Dreß, geb. Bonhoeffer, jüngste Schwester von Dietrich Bonhoeffer erzählt in ihren unveröffentlichten Erinnerungen, dass ihr Bruder Dietrich Bonhoeffer vor einem Tanzfest im Hause auf ihre Frage hin, wer ihr Tischherr sein könne, geantwortet habe: Nimm den Dreß, der redet zwar nicht viel, aber er ist der Gescheiteste. (F.Schlingensiepen, Dietrich und Susanne Bonhoeffer, S. 35). Dietrich Bonhoeffer und Walter Dreß waren etwas zeitversetzt Studienkollegen. Walter Dreß tritt in Tübingen der nicht schlagenden Verbindung Igel bei, zu der schon Karl Bonhoeffer und später sein Sohn Dietrich gehörte. Zu der Zeit gibt es keine politischen Vorbehalte gegen den Igel. Nach 1933 jedoch trennen sich Dietrich Bonhoeffer und sein inzwischen Schwager gewordener theologische Kollege Walter Dreß vom Igel, da die Verbindung sich wie viele andere von den Nazis gleichschalten lässt. Ein Streiflicht aus der gemeinsamen Studienzeit ist der Brief Bonhoeffers vom 2.9.1925: Arbeitswütig zurückgekehrt bitte ich dich, mich möglichst baldigst anzuläuten! Dein D.B. Beide interessieren sich für Luther. Sie studieren beide bei Karl Holl in Berlin. Die Studienverbindung entwickelt sich zu Freundschaft. Später werden sie Schwäger.
Walter Dreß schreibt im Herbst 1926 seine Doktorarbeit über Die Mystik des Marsilio Ficino. Dietrich Bonhoeffer schreibt zur gleichen Zeit an seiner Dissertation zu Communio Sanctorum. Er unterbreitet Walter Dreß am 17.3.1927 einen Vorschlag:. Um noch mehr in Ruhe und Freiheit der Zeiteinteilung etc. zu sein nach Friedrichsbrunn in unser Haus zu gehen, wohin ich dann meine Arbeit mitnehmen würde. Wenn es Dir nicht zu langweilig ist bei dieser Ruhe, wäre es sehr nett, Du kämst mit. (DBW 17, S. 50). Die Korrespondenz zwischen Dietrich Bonhoeffer und Walter Dreß aus der Zeit von 1925 - 1927 ist abgedruckt in DBW 17. In der Zeit von D.B.s Vikariat in Barcelona spricht er in seinen Briefen an Walter Dreß seelsorgliche und theologische Fragen an. So in dem anrührenden Bericht über den Kummer eines 10jährigen Jungen über den Tod seines Schäferhundes (DBW 7, S.99). Am 17.12.1927 verteidigt D.B. seine Dissertation gegen seine Studienkollegen Stupperich, Rößler und Dreß, wie er Anfang 1927 Walter Dreß opponiert hat. Aus Barcelona scheibt D.B. Das nächste Jahr wird Dir ja nun wohl sicher die hohe Würde eines akademischen Lehrers (mit den guten Aussichten und Chancen eines hoffnungsvollen jngen Mannes!) eintragen; diesem Erfolg wird sich ja dann wohl in nicht allzulanger Zeit das Einrücken in die Würdestelle der Ehemänner ectc. anschließen. Ganz klein und häßlich blicke ich zu solchen himmlischen Höhen der Ehre, der Würde, ja des Stolzes und des Glückes hinauf. Hut ab vor dem Manne! (DBW 17, S.76f). Am 14.11.1929 heiratet Walter Dreß Dietrich Bonhoeffrs Schwester Susanne.
Walter Dreß besucht D.B. zusammen mit seiner Frau in der Zeit in London, ist auch Gast in Finkenwalde nach 1935. Zum Umzug im Sommer 1938 ins Pfarrhaus in Dahlem schreibt D.B. aus Groß-Schlönwitz: Hoffentlich habt Ihr nun auch die Freude an der neuen Wohnung. Schön, daß das noch vorher alles fertig geworden ist. (DBW 17, S. 122). In einem theologisch-seelsorglichem Brief D.B.s vom 23.9.1939 zum Thema Forderung der Einzelbeichte vor dem Gang zum Abendmahl an Ottonie Blanck, die ab Sommer 1933 ehrenamtliche Gemeindehelferin bei Martin Niemöller war, spricht D.B. abschließend eine konflikthafte Situation in der Dahlemer Gemeinde an. Mit bestem Dank und allen guten Wünschen für Ihre Arbeit in Dahlem (wie sehr bedrückt uns draußen im Land oft das, was wir von dort hören! Gott schenke doch irgendeinem dort ein lösendes und einigendes Wort!) grüßt Sie Ihr sehr ergebener Dietrich Bonhoeffer. (DBW 15, 274). Es handelt sich um einen Streit in der Kirchengemeinde um die Nachfolge Martin Niemöllers. Pfarrer Eberhard Röhricht und der Kirchengemeinderat entscheiden sich für Walter Dreß. Sie arbeiten mit dem Kirchenausschuss der ApU zusammen. Die Bekenntnisgemeinde mit Pfarrer Fritz Müller lehnen jede Zusammenarbeit mit der staatlich kontrollierten Kirchenleitung ab. Sie fordern, Helmut Gollwitzer mit der Nachfolge zu betrauen. Wie es scheint, hat D.B. in diesem Streit keine eigene Position bezogen.

Quelle:

Bethge, Eberhard: Dietrich Bonhoeffer. Theologe – Christ – Zeitgenosse. Eine Biographie. Gütersloh9 2005./ Schlingensiepen, F.: Das Verhältnis der Geschwister Dietrich und Susanne Bonhoeffer, Bonhoeffer-Rundbrief Nr. 102, August 2013, S.29-37

DREß, WALTER (1904-1979): Er wird am 18.06.1904 in Berlin geboren. Er hat noch eine Schwester. Er studiert vom SS 1922 bis SS 1923 in Tübingen Theologie und setzt sein Studium vom WS 1923/24 in Berlin fort. Er promoviert 1927 mit einer Arbeit über Die Mystik des Marsilio Ficino, die er bei Karl Holl (gest. 1926) begonnen hat. Am 6.7.1929 habilitiert er sich an der Universität zu Berlin mit einer Arbeit über Die Theologie Gersons.
Vom Oktober 1929 an ist er als Provinzialvikar beim Generalsuperintendenten D. Händler und zugleich als Privatdozent an der Universität tätig. Am 14.11.1929 heiratet er Dietrich Bonhoeffers jüngste Schwester Susanne. Sie haben zusammen zwei Söhne Michael (1935-1975) und Andreas (geb. 1938). Von 1931 - 1933 wirkt er als ordentlicher Professor an der Luther-Akademie in Dorpat und wird 1937 beurlaubt. Ab dem 1. April 1937 wird er Dozent für Kirchengeschichte an der Kirchlichen Hochschule Berlin. 1938 entziehen ihm die Nationalsozialisten die venia docendi, da er aktives Mitglied der Bekennenden Kirche ist. Nach der Verhaftung Martin Niemöllers am 2.3.1938 übernimmt er im Spätsommer 1938 die Pfarrstelle St. Annen in Berlin-Dahlem. In den Kriegsjahren betreut er weiterhin seine Gemeinde. Ab Sommer 1943 wohnt seine Frau Susanne Dreß mit den beiden Söhnen im Ferienhaus der Bonhoeffer-Familie in Friedrichsbrunn, um sie vor Bombenangriffen über Berlin zu schützen. Zwischendurch pendelt sie zwischen Thale und Berlin. Nach der Kapitulation im Mai 1945 kehrt die vollständige Familie wieder ins Pfarrhaus zurück. Er ist ab 1946 Professor für Kirchengeschichte an der Kirchlichen Hochschule Berlin mit Lehrauftrag an der Humboldt-Universität im Ostteil der Stadt. Diese Aufgabe kann er bis 1961 wahrnehmen; seit 1961 nicht mehr. Er ist nun Ord. Professor an der Kirchlichen Hochschule Berlin, 1965 / 66 Rektor der Hochschule.
Er lehrt und arbeitet über Kirchen- und Dogmengeschichte. Seine Schwerpunkte sind Renaissance, Humanismus, Reformation, dazu mittelalterliche Scholastik und moderne Literatur- und Gesitesgeschichte.
Walter Dreß stirbt am 06.02.1979 in Berlin.

Vita aus:

Kalliope. Verbundkatalog Nachlässe und Autographen.

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