Fabian von Schlabrendorff

Oberleutnant Fabian von Schlabrendorff

Oberleutnant Fabian von Schlabrendorff

Quelle:

Bildbiografie Dietrich Bonhoeffer. Bilder aus seinem Leben, herausgegeben von Eberhard Bethge, Renate Bethge und Christian Gremmels, © Gütersloher Verlagshaus GmbH, Gütersloh 2005

Fabian Graf von Schlabrendorff ist Bonhoeffer u.a. im Gefängnis der Gestapo in der Prinz-Albrecht-Straße in Berlin begegnet. In seinen Erinnerungen Begegnungen in fünf Jahrzehnten berichtet er von diesen Begegnungen. Schlabrendorff lernte D.B. zuerst während dessen Leitung des Predigerseminars der B.K. kennen. Sein äußeres Verhalten war bestimmt durch gleichmütiges Auftreten, durch fundierte theologische Erörterungen, welch letztere bald zeigten, daß es sich bei ihm um eine theologische Persönlichkeit handelte, die die meisten anderen weit hinter sich ließ, und der ein führender Kopf im Bereich der Theologie zu werden versprach...Er fand in Pommern überall Zustimmung. (ebda, S,280). So berichtet Schlabrendorff von einer heftigen Diskussion zwischen D.B. und dem pommerschen Gutsbesitzer Ewald von Kleist-Schmelzin. Theologisch scheint D.B. ihnen damals zu radikal gewesen zu sein (s. Nachfolge, außerhalb der Bekennenden Kirche kein Heil). Zum anderen wirkt seine Rede vom mündigen Menschen und vom religionslosen Christentums zu liberal. Die Kritik des NS-Staates hingegen wird begrüßt. Sein Umgangsstil wird geschätzt. Das menschlich Schönste an ihm war seine Selbstverständlichkeit, die es ihm leicht machte, mit jedermann umzugehen. Er bewegte sich im täglichen Leben mit einer erstaunlichen Sicherheit. Er genierte sich nicht, seine Freude an einer guten Zigarre und an einem guten Wein und nicht minder an einem guten Essen zu zeigen. (ebda. S. 281).

Während der Tätigkeit D.B.s im Amt Ausland / Abwehr unter Canaris und Oster kreuzen sich die Wege von Schlabrendorff und D.B. einige Male. Die Gespräche sind – laut Erinnerung von Schlabrendorff - kurz und einsilbrig. Von Tresckow und sein Ordonanzoffizier von Schlabrendorff von der Heeresgruppe Mitte drängen auf die Ausschaltung Hitlers. Von Schlabrendorff nimmt Verbindung mit Hans von Dohnanyi und Ludwig Gehre von der Abteilung Z im Amt Ausland / Abwehr des OKW auf. Gehre übermittelt die Nachrichten zwischen der Gruppe in der Abwehr und Schlabrendorff. Dohnanyi besorgt den Sprengstoff. Im März 1943 wird der Plan eines Attentates vorbereitet und am 7. März in die Tat umgesetzt. Dohnanyi lässt sich von Eberhard Bethge im Auto von Karl Bonhoeffer nach Königsberg fahren. Sie bringen die Kiste mit dem Sprengstoff an Bord des Flugzeuges nach Smolensk. Am 13. März wird die als Cognac getarnte Kiste in das Flugzeug Hitlers gebracht. Die Zündung versagt, wohl aufgrund der Kälte. Kennt D.B. diesen Plan?
Erst im Gestapogefängnis in der Prinz-Albrecht-Straße gewinnt die Wiederbegegnung an Tiefe. Als die Gefangenen bei einem Luftangriff aus ihren Zellen in den Bunker geführt wurden, sieht Schlabrendorff D.B. Er fiel mir durch seine aufrechte Gestalt und den gelassenen Ausdruck seiner Augen auf. Alles an ihm strahlte Ruhe und Besonnenheit aus. D.B. belegt Zelle 19, von Schlabrendorff Zelle 25. Später wechselt D.B. in Zelle 24. Beide treffen sich zunächst im Waschraum. Trotz strengen Sprechverbotes sprachen sie miteinander. D.B. habe ihm gesagt, er habe den Löffel nicht weggelegt, werde nichts preisgeben und werde auch im Gefängnis seinen Widerstand fortsetzen. (ebda. S. 283). Als beide die Nachbarzellen belegen, kommt es zu intensiven Gesprächen zwischen Tür und Angeln. D.B. berichtet von seinen Gestapoverhören und dass sie seine Widerstandstätigkeit im Amt Ausland / Abwehr nicht durchschaut hätten. Das Erstaunliche an ihm ist, so von Schlabrendorff: er war immer guter Laune, immer gleichbleibend freundlich, er war gegenüber jedermann zuvorkommend, so daß ihm etwas gelang, was mir immer mißglückt war; binnen kurzer Frist war sein Einfluß auf seine Wärter deutlich spürbar. Wenn einer von uns beiden hoffnungsvoll war, so war er es. Er wurde nicht müde zu wiederholen, nur der Kampf ist verloren, den man selbst verloren gibt. (ebda. S. 284). D.B. erzählt von den Briefen an seine Braut Maria von Wedemeyer, die von Schlabrendorff seit ihrer Kindheit sehr gut kennt. Die Erinnerungen von Schlabrendorff geben einen anschaulichen Eindruck von der Haft im Gestapogefängnis.
Zuletzt sieht von Schlabrendorff D.B. am Morgen des 7.Februar 1945. Er selber wird Anfang April in das KZ Flossenbürg verlegt. Dort wird er nachts von einem ruppigen Wärter geweckt, der ihn nach seinem Namen fragt. Kurz darauf kehrt dieser zurück und unterstellt ihm eine Lüge: er sei in Wahrheit Dietrich Bonhoeffer. Am Morgen des 10. April 1945 sieht von Schlabrendorff in einer Ecke des Hofes einen Galgen. Der begleitende Wärter erzählt ihm, dort seien am Vortage mehrere Gefangene erhängt worden. Beim Durchgang durch die Wachstube erblickt von Schlabrendorff die Habseligkeiten der erhängten Gefangenen, u.a. eine Bibel und ein Goetheband. In diesem steht der Namen: D.B.

Quelle:

Fabian von Schlabrendorff, Begegnungen in fünf Jahrzehnten, Tübingen, 1979 / M.Smid, Christine Bonhoeffer – Hans von Dohnanyi, eine Ehe im Widerstand, Gütersloh 2002, S.326f

SCHLABRENDORFF, FABIAN LUDWIG GEORG ADOLF KURT GRAF VON (1907-1980): Schlabrendorff wurde am 01.07.1907 in Halle an der Saale geboren. Er studierte Rechtswissenschaften in Halle und Berlin und arbeitete 1932/33 kurzzeitig als politischer Hilfsarbeiter im preußischen Innenministerium, bevor er sich für eine Laufbahn als Rechtsanwalt entschied. Schlabrendorff bezog dabei schon früh gegen den Nationalsozialismus Stellung und machte dies in einem Aufsatz für das Mitteilungsblatt der konservativen Hauptvereinigung deutlich. Dadurch bekam er Kontakt zu Widerstandskreisen und reiste in den folgenden Jahren mehrfach nach Großbritannien, um ausländische Regierungen über bevorstehende Schritte der Deutschen Regierung zu informieren wie den Nicht-Angriffs-Pakt mit der Sowjetunion. 1939 wurde Schlabrendorff ins Heer eingezogen. Er wurde Ordonnanzoffizier beim Chef des Stabes der II.Armee Henning von Treskow. Er wirkte  dort weiterhin mit am militärischen  Widerstand gegen das NS-Regime. Im Februar 1943 besprach von Schlabrendorff mit Hans von Dohnanyi die Vorbereitungen für ein Attentat bei dem im März vorgesehenen Besuch Adolf Hitlers in Smolensk. Am 13.3.1943 schmuggelte von Schlabrendorff eine Zeitbombe in Hitlers Flugzeug , die jedoch nicht zündete. Er konnte nach dem gescheiterten Attentatsversuch die Spuren verwischen. Nach dem 20. Juli 1944 wurde Schlabrendorff am 17.08.1944 verhaftet, gefoltert und schließlich ins KZ Flossenbürg und Dachau gebracht. Das Verfahren vor dem Volksgerichtshof verzögerte sich durch den Tod Freislers. Es kam zu keiner Verurteilung. Bis zur Befreiung durch die Alliierten wurden Schlabrendorff  mehrfach weitere Prozesse und der Tod angedroht. Nach dem Krieg arbeitete Schlabrendorff wieder als Rechtsanwalt und Notar, zunächst in Frankfurt/M., dann in Wiesbaden. Er war von 1967 bis 1975 als Richter am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe tätig. Er starb am 04.09.1980 in Wiesbaden.



Vita aus:

Hartmann, Christian, „Schlabrendorff, Fabian Ludwig Georg Adolf Kurt Graf von“, in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 16-17 [Onlinefassung]; URL: www.deutsche-biographie.de/pnd118607855.html [08.06.2014].

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