Als die 23 Predigtamtskandidaten des von Bonhoeffer geleiteten Predigerseminars der Bekennenden Kirche nach Finkenwalde bei Stettin zogen, half der Kirchenkreis Köslin unter Superintendent Friedrich Onnasch bei der Einrichtung. Onnasch stand ebenso fest wie Bonhoeffer zu den Beschlüssen der Bekennenden Kirche. Nachdem die Theologenausbildung in Finkenwalde im September 1937 gemäß Erlass vom »Reichsführer SS und Chef der deutschen Polizei« unterbunden worden war, nahm Onnasch Anfang Dezember 1937 acht Kandidaten in sein Pfarrhaus in der Elisenstraße auf und wies sie pro forma als Lehrvikare Bekenntnispfarrern in seinem Kirchenkreis zu. Bonhoeffer hielt an drei Tagen in der Woche Lehrveranstaltungen im »Sammelvikariat« Köslin; ihm stand ein eigenes Zimmer im Pfarrhaus zur Verfügung. (In der anderen Wochenhälfte lehrte Bonhoeffer in einem zweiten hinterpommerschen »Sammelvikariat«.) In Köslin konnten bis einschließlich Sommer 1939 vier Halbjahreskurse stattfinden. Wie über Bonhoeffer so wurde auch über Onnasch und weitere Bekenntnispfarrer im September 1940 Reichsredeverbot verhängt.
Quelle:
Bethge, Eberhard: Dietrich Bonhoeffer. Theologe – Christ – Zeitgenosse. Eine Biographie. Gütersloh 92005, 489, 660, 666, 784
ONNASCH, FRIEDRICH (1881-1945): wurde am 8.10.1881 in Studsin Kreis Kolmar geboren. 1902 Abitur in Bromberg; Theologiestudium in Heidelberg, Berlin und Halle. Nach dem Ersten Theologischen Examen 1905 Krankenpfleger in Bethel und Seemannsseelsoge in London. 13.9.1907 Zweites Theologisches Examen, 27.9.1907 Ordination. Hilfsgeistlicher in Florenz, ab Dezember 1907 in Posen. Mai 1909 geistlicher Vorsteher für die 1905 von Friedrich von Bodelschwingh gegründeten Hoffnungstaler Einrichtungen, die wandernden Arbeitslosen im Raum Berlin (Lobetal) Arbeit in der Landwirtschaft boten. 27.4.1910 Heirat mit Maria Frisius. Im Ersten Weltkrieg Sanitäter bis zur Freistellung am 1.4.1915. Am 1.4.1922 Wechsel von Lobetal in die ostpommersche Stadt Köslin als Erster Pfarrer an St. Marien und Superintendent des Kirchenkreises. Seit Konstitution der Bekennenden Kirche 1934 ihr Mitglied und im pommerschen Bruderrat. Nach der staatspolizeilichen Schließung der Predigerseminare der Bekennenden Kirche im Herbst 1937 brachte Onnasch in seinem Pfarrhaus und in seinem Kirchenkreis Predigtamtskandidaten unter. Am 9.9.1939 von der Gestapo inhaftiert; vier Tage Hafturlaub zur Hochzeit des Sohnes; 19.9. aus der Haft entlassen. Mit Wirksamkeit vom 12.9.1940 Auferlegung des Redeverbots für das gesamte Reichsgebiet und Aufenthaltsverbot für die Provinz Pommern. Onnasch nahm eine ihm angebotene Unterkunft in Berlinchen/Neumark an, blieb aber im pommerschen Bruderrat. Maria Onnasch vertrat ihren Mann in Köslin. Im September 1941 übernahm er in Berlinchen in Kriegsvertretung die Erste Pfarrstelle; zur Ausübung des Amtes lockerte das Reichssicherheitshauptamt das Redeverbot. Im Oktober 1943 wurde er zum pommerschen Vertreter im Bruderrat der Altpreußischen Union gewählt und sein Sohn Fritz zu seinem Vertreter bestimmt. Am 20.1.1945 war Fritz Onnasch in Berlinchen zwei Tage bei seinen Eltern. Am 30.1.1945 marschierte die Rote Armee in Berlinchen ein. Am 17. Februar belegten russische Soldaten und Soldatinnen die Wohnung des Ehepaars Onnasch. Beim Versuch, noch Dinge herauszuholen, wurde Friedrich Onnasch erschossen. Maria Onnasch betete neben ihrem toten Mann laut das Vaterunser.
Vita aus:
Karl Pagel / Brigitte Metz, Wir können’s ja nicht lassen. Der Weg des Friedrich Onnasch unter dem Gebot seines Gewissens, Berlin: verbum, 1995.