Hanns Lilje und Dietrich Bonhoeffer begegneten sich zuerst auf der Tagung des Weltbundes für Freundschaftsarbeit der Kirchen in Cambridge 1.-5.9.1931, an der sie beide als Jugenddelegierte teilnahmen. Ab 1.10.1931 leistete Bonhoeffer seinen Hilfsdienst als Stadtvikar in Berlin
in dem neu eingerichteten Studentenpfarramt an der Technischen Hochschule Charlottenburg; mit Lilje veranstaltete er dort 1932 eine Vortragsreihe, beide referierten, Lilje am 23.1. (Technik – Mensch – Gott
), Bonhoeffer am 4.2. (Das Recht auf Selbstbehauptung
). – Bei der Konferenz der Mittelstelle für ökumenische Jugendarbeit 29.-30.4.1932 in Berlin unterstützte Lilje Bonhoeffers Argumentation zur Wahrheitsfrage (Der Begriff der Häresie sei der ökumenischen Bewegung verloren gegangen
) mit Hinweis auf Luther und bestritt wie Bonhoeffer die Möglichkeit der Identifizierung von Schöpfungsordnungen mit konkreten Gegebenheiten
. – Bald nach der Reichsbekenntnissynode in Dahlem 19./20.10.1934 begannen die Lutheraner sich gegenüber den Dahlemern
zu verselbständigen. Als in Chamby sur Montreux 21.-25.8.1936 die große ökumenische Konferenz im Sommer des nächsten Jahres vorbereitet werden sollte, saßen drei deutsche Delegationen am Tisch, Reichskirche, Bekennende Kirche und Lutherischer Rat, und Lilje und Bonhoeffer nicht mehr in derselben Delegation. (Die Weltkirchenkonferenz in Oxford 12.-26.7.1937 fand ohne deutsche Delegierte statt.) – In Überlegungen von Bonhoeffer und Friedrich Justus Perels 1942 zur Neuordnung der Kirche nach Beendigung des Kirchenkampfes
(durch den Umsturz des nationalsozialistischen Regimes) stehen sie wieder nebeneinander: Zur Leitung des Kirchlichen Außenamtes
werde ein Ausschuss berufen bestehend aus D. Lilje, Lic. Bonhoeffer, …
.
Quelle:
Bethge, Eberhard: Dietrich Bonhoeffer. Theologe – Christ – Zeitgenosse. Eine Biographie, Gütersloh 92005, 235, 269f, 288f, 486, 586, 624. DBW 10, 259; DBW 11, 215, 321f, 325, 488 in der Zeittafel; DBW 14, 1048 in der Zeittafel; DBW 16, 589, 596, 598.
LILJE, HANNS (JOHANNES ERNST RICHARD) (1899-1977): wurde am 20.8.1899 in Hannover geboren. 1924 Ordination, Studentenpfarrer an der Technischen Hochschule Hannover; 1927-1934 Generalsekretär der Deutschen Christlichen Studentenvereinigung; 1928 im Exekutiv-Komitee des Christlichen Studentenweltbundes, 1932 dessen Vizepräsident. 1932 Promotion über Luthers Geschichtsanschauung. Mai 1933 in Berlin bei der Jungreformatorischen Bewegung, gab ab 21.6. deren wöchentlich erscheinendes Mitteilungsblatt „Junge Kirche“ heraus. 1934–1945 Generalsekretär des Lutherischen Weltkonvents; nach der Konstituierung des Lutherischen Rates am 18.3.1936 dessen Sekretär mit Sitz in Berlin. Nach dem am 20. Juli 1944 gescheiterten Attentat auf Hitler verhaftet, am 7.10.1944 in das Gefängnis Lehrter Straße 3 eingeliefert, im Februar 1945 in Tegel, im April 1945 in Nürnberg inhaftiert, dort von amerikanischen Truppen befreit. Nach Kriegsende Mitbegründer der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD). 1945 Oberlandeskirchenrat in Hannover; 1945-1973 Mitglied des Rates der EKD, 1949-1967 dessen stellvertretender Vorsitzender; 1947-1971 Bischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers; ab 1948 Leitender Bischof der VELKD; 1948 im Zentralausschuss des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK); ab 1950 Abt zu Loccum lebenslang; 1952-1957 Präsident des Lutherischen Weltbundes; 1955-1969 Leitender Bischof der VELKD; 1968-1975 einer der fünf Präsidenten des ÖRK. Bedeutendster deutscher Ökumene-Repräsentant der Nachkriegszeit. Lilje starb am 6.1.1977 in Hannover.
Vita aus:
Bethge, Eberhard: Dietrich Bonhoeffer. Theologe – Christ – Zeitgenosse. Eine Biographie, Gütersloh 92005, 331f, 598. Jørgen Glenthøj Recherchen 1990. DBW 12, 127. Die Religion in Geschichte und Gegenwart 4. Auflage.