Manfred Roeder

Manfred Roeder

Manfred Roeder

utor: United States Army Office of the Chief of Counsel for War Crimes, photographer.

Manfred Roeder, Richter der Luftwaffe, wurde am 3.4.1943 zum Untersuchungsführer im Ermittlungsverfahren »Depositenkasse« bestellt. Am 5.4.1943 inhaftierte er Hans von Dohnanyi und Bonhoeffer. Als dem Amt Ausland/Abwehr beim Oberkommando der Wehrmacht zugehörig unterstand Bonhoeffer der Militärgerichtsbarkeit. Aber bei den Verhören im Reichskriegsgericht vom 12. April an saß stets ein Gestapo-Beamter an Roeders Seite. Roeder pflegte Bonhoeffer gegenüber einen vornehmen Ton, Bonhoeffer verhielt sich formal kooperativ. Auf Roeder Anregung hin, ergänzende Notizen zu den Vernehmungen aufzuzeichnen, füllte Bonhoeffer vom 10. Juni an in seiner Zelle im Wehrmachtuntersuchungsgefängnis Tegel Zettel und Blätter mit sorgfältig bedachten Formulierungen für Briefe an Roeder, die nichts über die Konspiration gegen Hitler preisgaben. In dieser Zeit begann er den Essay Was heißt die Wahrheit sagen zu schreiben. Die Briefentwürfe mit ihren Tatsachenverschleierungen – Bonhoeffer verwies sogar auf Ausführungen zum Obrigkeitsgehorsam der Christen in seinem Buch Nachfolge, um Roeder zu suggerieren, Gehorsam auch gegen das NS-Regime wäre ihm eine Gewissenspflicht – vernichtete Bonhoeffer nicht, sondern gab sie nach dem 20. Juli 1944 seinen Eltern zur Aufbewahrung. – Am 24. Juni 1943 ließ Roeder ohne Vorwarnung Bonhoeffers Verlobte Maria von Wedemeyer in den Verhörraum bringen; es gelang Bonhoeffer, seine Erschütterung zu beherrschen. Maria und er gaben sich ihren ersten Kuss unter Roeders Aufsicht. Als am 30.7.1943 Roeders Vernehmungen einstweilen abgeschlossen waren, konnte gegen Bonhoeffer eine Anklage auf Hoch- und Landesverrat nicht erhoben werden; nur Wehrkraftzersetzung bleib als Anklagepunkt übrig. Bonhoeffer schrieb Anfang August in seinem letzten Brief(entwurf) an Roeder, diesem Vorwurf gegenüber fühle er sich schuldlos. Die Anklageschrift vom 21.9.1943 gegen den Beschuldigten Dietrich Bonhoeffer trägt die Unterschrift Im Auftrage Dr.Roeder.

Quelle:

Bethge, Eberhard: Dietrich Bonhoeffer. Theologe – Christ – Zeitgenosse. Eine Biographie. Gütersloh 92005, 897, 913f, 921f. DBW 4, 258, DBW 8, 106, 126, 236, DBW 16, 416f, 421, 433, 443, 619, 732.

ROEDER MANFRED, DR. JUR. (1900-1971): Jurist, im Dritten Reich zuletzt Oberstkriegsgerichtsrat. 1942 Dienstaufsicht führender Richter des Luftgaugerichts III/IV Berlin, betraut mit dem Verfahren gegen die innerhalb der Luftwaffe aufgedeckte kommunistische Widerstandsgruppe Rote Kapelle, verhängte 75 Todesurteile. Roeder rühmte sich, bei Reichsmarschall Göring, dem Oberbefehlshaber der Luftwaffe, in Karinhall zu verkehren. Göring war nach dem Skandal Rote Kapelle daran interessiert, auch dem Heer Skandalöses anzuhängen. Dazu sollte der Fall Depositenkasse dienen, der Angehörigen des Amtes Ausland/Abwehr beim Oberkommando der Wehrmacht betraf. Roeder führte ab April bis August 1943 die Untersuchungen gegen die Verhafteten, Dohnanyi, Bonhoeffer und andere, so, dass Beanstandungen aufkamen. Wegen der Bombardierung deutscher Städte durch die alliierte Luftwaffe wurden im August 1943 Teile des Reichskriegsgerichts nach Torgau ausgelagert; Roeders Abteilung blieb in Berlin, Roeder selbst verschwand wochenlang aus der Stadt. Am 26.11.1943 verbrannten bei einem Luftangriff auf Berlin Prozessakten des Reichskriegsgerichts; zur Rekonstruktion der Akten wurde Roeder Ende November für drei Tage nach Berlin geholt. Am 1.1.1944 erfolgte Roeders Beförderung zum Chefrichter und Versetzung zum Luftgau 4 Lemberg. Im Oberkommando der Wehrmacht war bekannt geworden, dass Roeder die Verfügungstruppe der Abwehr, die Division Brandenburg, einen Drückebergerverein genannt hatte. Ihr Kommandeur, General von Pfuhlstein, fuhr am 18.1.1944 zu Roeder und versetzte ihm zwecks Wiederherstellung der Ehre seiner Division einen Faustschlag ins Gesicht. Später war Roeder Generalrichter bei einer Luftflotte auf dem Balkan. – 1949 Entlassung aus amerikanischer Haft. In Glashütten im Taunus soll Roeder, der Sozialistischen Reichspartei nahe, stellvertretender Bürgermeister gewesen sein.

Vita aus:

Marikje Smid, Hans von Dohnanyi - Christine Bonhoeffer. Eine Ehe im Widerstand gegen Hitler, Gütersloh 2002, 406/Bethge, Eberhard: Dietrich Bonhoeffer. Theologe – Christ – Zeitgenosse. Eine Biographie. Gütersloh 92005./DBW 6 + 16

Walter  MaetzWärter  Knobloch

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