Werner Koch

Person

Werner Koch erzählt, im Herbst 1935 auf seiner Reise ins Predigerseminar Finkenwalde habe er Dietrich Bonhoeffer, dessen Aussehen ihm unbekannt war, in Berlin auf den ersten Blick von fern erkannt; diese Merkwürdigkeit mag eine besondere Anteilnahme Bonhoeffers an Kochs Lebensweg eingeleitet haben. – Schriftlich waren sie im August 1932 in Kontakt, als auf Hanns Liljes Vorschlag Bonhoeffer Koch als Jugenddelegierten zur ökumenischen Tagung in Gland 25.-31.8. einlud; Koch nahm aber nicht teil. – Im Finkenwalder Winterkurs 1935/36 kam bald heraus, dass Koch über außerordentlich reiche Beziehungen ins Ausland verfügte; Bonhoeffer empfahl dem dänischen Bischof Ove Waldemar Ammundsen im Brief vom 18.11.1935, Kochs Berichterstattung über die Lage der Bekennenden Kirche publik zu machen, und nannte ihm eine Tarn-Adresse Kochs in Holland. – Beim Feiern von Bonhoeffers 30. Geburtstag am 4.2.1936 in Finkenwalde wünschten die Kandidaten sich eine Reise nach Schweden; dank der Tatkraft der Ökumene-Freunde Bonhoeffers wurde sie vom 29.2. bis 10.3.1936 durchgeführt. Am 7.4.1936 erstattete Koch aus Wuppertal-Oberbarmen, wo er nun Hilfsprediger war, dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten einen Bericht über diese Studienreise, die einer offiziellen Einladung des schwedischen Ökumenischen Rates mit Einverständnis des Erzbischofs Erling Eidem gefolgt sei. Diese Formulierung brachte Eidem in kirchenpolitisch-diplomatische Schwierigkeiten und kostete Bonhoeffer die Lehrbefugnis an der Berliner Universität. – Auf die Denkschrift der evangelischen Kirchenleitung an Hitler, am 4.6.1936 persönlich abgegeben in der Reichskanzlei, erfolgte keine Reaktion in Deutschland; aber am 17.7. wusste die Morning Post in England davon, und am 23.7. druckten die Basler Nachrichten den Wortlaut. Erst im Herbst 1936 entdeckte die Gestapo, dass Koch damit zu tun hatte. Während er in Gefängnis- und später in Konzentrationslager-Haft war, mahnten Finkenwalder Rundbriefe immer wieder zur Fürbitte für ihn. Die Finkenwalder Brüder schrieben an Kochs von uns allen bewunderte Braut. – Nachdem Koch unerwartet aus der KZ-Haft entlassen worden war, schrieb Bonhoeffer ihm am 9.12.1938 unbeschreiblich erfreut. Es muss sein, als sei Ihnen das Leben neu geschenkt. Bei einem Zusammentreffen im Januar 1939, berichtet Koch, befragte Bonhoeffer ihn bohrend nach seinem Haft-Erleben und verfiel dabei in manchmal minutenlanges Schweigen – er dachte sich ein in Leben angesichts des Todes.

Quelle:

Bethge, Eberhard: Dietrich Bonhoeffer. Theologe – Christ – Zeitgenosse. Eine Biographie, Gütersloh 92005, 575, 581-586, 604-607. Wolf-Dieter Zimmermann, Begegnungen mit Bonhoeffer, München 4. Auflage 1969, 103f. Wie eine Flaschenpost, München 1979.

KOCH, WERNER (1910-1994): wurde am 26.12.1910 in Wiesbaden geboren. Theologiestudium, lange bei Karl Barth; ab 1.11.1936 im zweiten Halbjahreskurs des Predigerseminars Finkenwalde; nach Kursende  (15.3.1936) Hilfsprediger in Wuppertal-Oberbarmen, im April persönlicher Hilfsprediger bei Martin Graeber in Wupperfeld. Die von der Vorläufigen Leitung der Deutschen Evangelischen Kirche (eingesetzt am 12.3.1936) zusammen mit dem Reichsbruderrat erarbeitete an Hitler gerichtete Denkschrift über Rechtsverstöße und Übergriffe staatlicher Instanzen spielte Werner Koch verbotener Weise insgeheim der Auslandspresse zu. Am 13.11.1936, zwei Tage vor seiner verzögerten Ordination – Pfarrer in der Gemeinde hatten sie nicht beantragen wollen –, wurde Werner Koch im Polizeipräsidium Berlin inhaftiert, ab 13.2.1937 im Konzentrationslager Sachsenhausen, am 2.12.1938 entlassen. Juli 1939 Heirat mit Gerritdina Stokmann. November 1939 zum Militär; 1942 Dienst in einer Strafkompanie an der Ostfront; nach Verwundung Arbeitseinsatz bei einem französischen Kriegsgefangenenbataillon in Mülheim an der Ruhr; 1945-1946 in englischer Kriegsgefangenschaft, Lagerpfarrer; 1947 Pfarrer in Berlin, 1952 in Espelkamp, 1958 in Netphen an der Sieg; 1969 Ruhestand in Emlichheim, dem Geburtsort seiner Frau.

Vita aus:

Kalliope. Verbundkatalog Nachlässe und Autographen.

Bethge, Eberhard: Dietrich Bonhoeffer. Theologe – Christ – Zeitgenosse. Eine Biographie. Gütersloh 92005.

Ernst  Tillich

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