Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm
Predigt in Flossenbürg am 12. April 2015
Liebe Gemeinde,
Das ist das Ende. Für mich der Beginn des Lebens
. Das waren die letzten Worte Dietrich Bonhoeffers, von denen wir wissen. Er hat sie einem Mitgefangenen auf den Weg gegeben, als er am 8. April in Schönberg im Bayerischen Wald aus der Gruppe der Gefangenen herausgeholt wurde. Sie waren in den letzten Tagen des Krieges von einem Ort zum anderen gebracht worden, während in der Ferne schon das Geschützfeuer der alliierten Truppen zu hören war, die wenige Wochen später allen die Freiheit bringen sollten.
Gerade hatte Bonhoeffer in Schönberg für die Gefangenengruppe eine Andacht gehalten, die die Mitgefangenen sehr berührt hatte. Noch am gleichen Tag wurde er von Schönberg ins KZ Flossenbürg gebracht und abends in einem Schnellgerichtsverfahren, das mit Recht nichts zu tun hatte, zum Tode verurteilt. Morgens zwischen 6 und 7 Uhr – in diesen Tagen genau vor 70 Jahren, wurde er gehängt. Ich habe in meiner fast 50-jährigen ärztlichen Tätigkeit kaum je einen Mann so gottergeben sterben sehen.
Wir wissen nicht, ob diese spätere Aussage eines anwesenden SS-Arztes eine nachträgliche Romantisierung zum Zwecke der eigenen Entlastung ist oder ob sie das trifft, was damals tatsächlich geschah. Aber die Sätze des Arztes berühren uns, weil sie jedenfalls dem entsprechen, was dieser Mann in seinen Briefen, in seinen theo-logischen Gedanken und in seinen Gebeten ausgestrahlt hat wie wenige andere. Es war gerade seine tiefe Frömmigkeit, die ihn frei gemacht hat von jeglicher Frömmelei. Die ihn in einem tiefen Sinne offen gemacht hat für die Welt. Die ihn im ureigenen Sinne des Wortes radikal gemacht hat.