Sorget nicht

Die Güter spiegeln dem menschlichen Herzen vor, ihm
Sicherheit und Sorglosigkeit zu geben; aber in Wahrheit
verursachen sie gerade erst die Sorge. Das Herz, das sich an die
Güter hängt, empfängt mit ihnen die erstickende Last der
Sorge. Die Sorge schafft sich Schätze, und die Schätze schaffen
wieder die Sorge. Wir wollen unser Leben durch die Güter
sichern, wir wollen durch Sorge sorglos werden; aber in Wahrheit
erweist sich das Gegenteil. Die Fesseln, die uns an die
Güter binden, die die Güter festhalten, sind selbst – Sorgen.
Der Mißbrauch der Güter besteht darin, daß wir sie zur Sicherung
für den nächsten Tag gebrauchen. Sorge ist immer auf das
Morgen gerichtet. Die Güter aber sind in strengstem Sinn
allein für das Heute bestimmt. Gerade die Sicherung für den
morgigen Tag macht mich heute so unsicher. Es ist genug, daß
jeder Tag seine eigene Plage habe (Matthäus 6, 34). Wer das
Morgen ganz in die Hand Gottes legt und heute ganz empfängt,
was er zum Leben braucht, der allein ist wahrhaft gesichert.
Das tägliche Empfangen macht mich frei vom Morgen.
Der Gedanke an das Morgen liefert mich der unendlichen
Sorge aus.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Nachfolge
, DBW Band 4, Seite 171

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