Göttlicher Befehl zur Heimkehr

Von Tag zu Tag, von Jahr zu Jahr wartet Joseph in Ägypten
auf den göttlichen Befehl zur Heimkehr. Joseph will nicht
aus eigenen Entschlüssen handeln. Joseph wartet auf Gottes
Weisung. Da schickt Gott dem Joseph des Nachts im Traum
abermals den Befehl, aufzustehen und heimzukehren mit dem
Kind und seiner Mutter.
»Sie sind gestorben, die dem Kind nach dem Leben standen«
(Matthäus 2, 19 f). Der mächtige Herodes ist tot, ohne sein Ziel
erreicht zu haben, Jesus aber lebt. So ist es allemal in der
Geschichte der Kirche gegangen. Zuerst Not, Verfolgung,
Todesgefahr für die Kinder Gottes, für die Jünger Jesu Christi,
dann aber kam die Stunde, da es hieß: »Die sind gestorben«.
Nero ist gestorben, Diokletian ist gestorben, die Feinde Luthers
und der Reformation sind gestorben, aber Jesus lebt, und mit
ihm leben die Seinen. Verfolgungszeit nimmt plötzlich ein
Ende, und es stellt sich heraus: Jesus lebt.
Das Kind Jesus kehrt ins Land Israel zurück, von Gott gerufen.
Jesus kommt, um sein Reich einzunehmen, seinen Thron zu
besteigen. Joseph will Jesus zuerst nach Judäa bringen, von wo
der König Israels erwartet wird (Matthäus 2, 22 f). Aber eine besondere
göttliche Weisung hindert ihn daran und befiehlt ihm,
nach Nazareth zu gehen. Nazareth ist für das Ohr des Israeliten
ein Ort mit einem schlechten und geringen Klang. »Was soll
aus Nazareth Gutes kommen« (Johannes 1, 46)? Dennoch oder
eigentlich gerade darum soll Jesus in Nazareth aufwachsen,
»auf das erfüllt wird, was gesagt ist durch die Propheten: Er soll
Nazarenus heißen« (Matthäus 2, 23).

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Illegale Theologenausbildung: Sammelvikariate 1937-1940
, DBW Band 15, Seite 496 f

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