Der einfältige Gehorsam

Als Jesus vom reichen Jüngling freiwillige Armut forderte,
da wußte dieser, daß es hier nur Gehorsam oder Ungehorsam
gab. Als Levi vom Zoll, Petrus von den Netzen gerufen
wurde, da war es nicht zweifelhaft, daß es Jesus mit diesem
Ruf ernst war. Sie sollten alles verlassen und nachfolgen. Als
Petrus auf das schwankende Meer gerufen wird, da muß er aufstehen
und den Schritt wagen (Matthäus 19, 21; Markus 2, 14; 1,16 f;
Matthäus 14, 29). Es war in all dem nur eines gefordert, sich auf
das Wort Jesu Christi zu verlassen, dieses Wort für einen tragfähigeren
Boden zu halten als alle Sicherheiten der Welt. Die
Mächte, die sich zwischen das Wort Jesu und den Gehorsam
stellen wollten, waren damals ebenso groß wie heute. Die Vernunft
widersprach, das Gewissen, die Verantwortung, die Pietät,
ja selbst das Gesetz und das Schriftprinzip traten ins Mittel,
um dieses Äußerste, diese gesetzlose »Schwärmerei« zu verhüten.
Aber der Ruf Jesu durchbrach dieses alles und schuf sich
Gehorsam. Es war Gottes eigenes Wort. Einfältiger Gehorsam
war gefordert. … Der konkrete Ruf Jesu und der einfältige Gehorsam
hat seinen unwiderruflichen Sinn. Jesus ruft damit in
die konkrete Situation, in der ihm geglaubt werden kann; darum
ruft er so konkret und will eben so verstanden werden, weil
er weiß, daß nur im konkreten Gehorsam der Mensch frei wird
zum Glauben.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Nachfolge
, DBW Band 4, Seite 69, 73

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