Wir müssen nach dem Anfang fragen

Daß die Bibel vom Anfang redet (1 Mose 1,1), das bringt die

Welt, das bringt uns auf. Denn wir können nicht vom

Anfang reden, dort wo der Anfang anfängt, hört unser Denken

auf, ist es am Ende. Und doch ist es die innerste Leidenschaft

unseres Denkens, es ist das, was jeder echten Frage letzten

Endes Existenz verleiht, daß wir nach dem Anfang fragen wollen.

Wir wissen, daß wir dauernd nach dem Anfang fragen

müssen und daß wir doch nie nach ihm fragen können. Warum

nicht? Weil der Anfang das Unendliche ist, und weil wir das

Unendliche nur als das Endlose, also gerade als das Anfanglose

denken können. Weil der Anfang die Freiheit ist und wir die

Freiheit immer nur in der Notwendigkeit denken können, also

als das eine unter anderem, aber nie als das Eine schlechthin

vor allem anderen. Fragen wir, warum dies so sei, daß wir immer

vom Anfang her und in bezug auf ihn hin denken und ihn doch

nie denken, ja nicht einmal erfragen können, so ist dieses Warum?

wieder nur der Ausdruck für eine Reihe, die ins Endlose

zurückgetrieben werden könnte und doch den Anfang nicht

erreichte. Das Denken kann sein eigenes letztes Warum nie

beantworten, weil auch diese Antwort wieder ein Warum

gebären würde.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Schöpfung und Fall
, DBW Band 3, Seite 25 f

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