Die doppelte Frage nach dem Anfang

Es entsteht die doppelte Frage: Ist dieser Anfang Gottes
Anfang oder ist es der Anfang Gottes mit der Welt? Aber
schon das Entstehen dieser Frage beweist, daß wir nicht mehr
wissen, was Anfang heißt. Wenn über den Anfang nur geredet
werden kann von dem, der in der Mitte sich ängstet um den
Anfang und das Ende, von dem, der an seinen eigenen Ketten
reißt, von dem, der nur in seiner Sünde um seine Geschaffenheit
von Gott her weiß, dann kann doch nicht mehr gefragt
werden, ob dieser Anfang Gottes Anfang oder Gottes Anfang
mit der Welt ist, da eben für uns Gott als der Anfang kein anderer
ist, als der am Anfang die Welt schuf und uns schuf, und
weil wir eben von diesem Gott garnicht anders wissen können
als von dem Schöpfer unserer Welt. Wenn Luther auf die Frage,
was Gott vor der Erschaffung der Welt getan habe, antwortete,
er habe Ruten geschnitzt für Leute, die solche unnützen Fragen
stellen, so schlägt er damit nicht nur den Frager seine Frage ab,
sondern er sagt zugleich, daß Gott eben dort, wo er nicht als
der gnädige Schöpfer erkannt wird, nur als der zornige Richter
gewußt werden muß, d. h. aber eben auch immer in Bezug auf
die Mitte zwischen Anfang und Ende. Es gibt keine mögliche
Frage, die hinter diesen am Anfang schaffenden Gott zurückgehen
könnte.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Schöpfung und Fall
, DBW Band 3, Seite 30

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