Gott sprach

Im Unterschied von allen Schöpfungsmythen, in denen die
Gottheit ihre Natur opfert, in denen aus ihrer naturhaften
Fruchtbarkeit die Welt entspringt, in denen also die Schöpfung
als ein Sichentfalten, Sichgestalten, Gebären der Gottheit verstanden
wird, in denen also die Schöpfung selbst ein Stück der
Natur Gottes ist, in denen also das Leiden der Natur, ihres Gebärens
und Vergehens, das Leiden der Gottheit selbst ist, – im
Gegensatz zu all dem bleibt der Gott der Bibel ganz Gott, ganz
Schöpfer, ganz der Herr, und sein Geschöpf bleibt ganz das
unterworfene, gehorsame, ihn als den Herrn lobpreisende, anbetende.
Er ist nie die Schöpfung. Er ist immer der Schöpfer.
Er ist nicht die Substanz der Natur; es ist kein Kontinuum da,
das ihn mit seinem Werk verbände, vereinigte, – es sei denn
sein Wort. Gott sprach … (1 Mose 1,3); die einzige Kontinuität
zwischen ihm und dem Werk ist das Wort, d. h. »an sich« ist
kein Kontinuum da; ist das Wort nicht da, so stürzt die Welt ins
Bodenlose. Dies Wort Gottes ist nicht seine Natur, auch nicht
sein Wesen, sondern sein Gebot – er selbst ist es, der in diesem
Wort denkt und schafft, aber eben er, als der, der dem Geschöpf
begegnen will als der Schöpfer. Gottes Schöpfertum ist nicht
seine Natur, sein Wesen, sondern sein Wille, Gebot, in dem er
sich selbst uns gibt, wie er will.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Schöpfung und Fall
, DBW Band 3, Seite 38

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