Das Werk des ersten Wortes

Es werde Licht, und es ward Licht« (1 Mose 1,3). Weil es finster
war auf der gestaltlosen Tiefe, darum muß das Licht die
Gestalt schaffen. Wie die gestaltlose Nacht durch das Licht des
Morgens zur Gestalt wird, wie das Licht die Gestalt enthüllt
und schafft, so mußte jenes Urlicht das Chaos ordnen, die Gestalt
enthüllen und schaffen. War jenes Wort von der Finsternis
auf der Tiefe der erste Hinweis auf die Passion Jesu Christi, so
ist nun die Befreiung der unterworfenen, gestaltlosen Tiefe zum
eigenen Sein durch das Licht der Hinweis auf das Licht, das in
der Finsternis scheint (Johannes 1, 7). Das Licht erweckt die Finsternis
zum eigenen Sein, zum freien Lobpreis des Schöpfers.
Ohne das Licht wären wir nicht – denn ohne das Licht gibt es
kein Gegenüber, weil es keine Gestalt gibt. Ohne Gegenüber
aber gibt es keine freie Anbetung Gottes. Die unterworfene
Tiefe betete Gott an in unterworfener, dumpfer, unfreier
Gegenüberlosigkeit, die Gestalt im Licht vernimmt das Gegenüber-
sein als ihr eigenes Sein und dankt es ganz dem Schöpfer.
Die vom Licht gespendete Durchsichtigkeit, Klarheit und Unbeschwertheit
des eigenen Seins im Gegenübersein mit der anderen
geschaffenen Gestalt und mit dem Schöpfer ist das Werk
des ersten Wortes des Schöpfers. In seinem geschaffenen Licht
sieht die Schöpfung sein Licht (Psalm 36, 10).

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Schöpfung und Fall
, DBW Band 3, Seite 41

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