Gottes Recht und Ehre

Wenn der Dekalog das Recht auf Leben, Ehe, Eigentum,
Ehre des Menschen im Namen Gottes gewahrt wissen
will, so bedeutet das nicht, daß diese Rechtsordnungen an und
für sich einen absoluten göttlichen Wert hätten, sondern nur
daß in und über ihnen Gott allein geehrt und angebetet sein
will. Die Ordnungen sind also nicht eine zweite göttliche Instanz
neben dem Gott Jesu Christi, sondern sie sind der Ort an
dem der Gott Jesu Christi sich Gehorsam schafft. …
Im Dekalog geht es nirgends um Selbstbehauptung, sondern
allein um Gottes Recht und Ehre; sondern es geht Jesus wie
dem Dekalog um den konkreten Gehorsam gegen Gott; dabei
kann gerade im Verzicht auf das eigene Recht, Eigentum, Ehre
um Gottes willen der wahre Ursprung dieser Gaben, also Gott
selbst, höher geehrt werden als im Bestehen auf dem eigenen
Recht, das das Recht Gottes dann leicht verdunkeln könnte.
Die Forderung Jesu an den reichen Jüngling, von einem seiner
Rechte zu lassen, macht es gerade deutlich, daß sein »Halten
der zehn Gebote von Jugend auf« kein Gehorsam gegen Gott
gewesen war, sondern ein Absehen von dem Lebendigen Gott
mitten in der Wahrung der sogenannten göttlichen Ordnungen
(Matthäus 19, 16-22).

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Ethik
, DBW Band 6, Seite 360 f

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