Das Gebet

Daß wir beten dürfen, ist keine Selbstverständlichkeit. Zwar
ist das Gebet ein natürliches Bedürfnis des menschlichen
Herzens, aber darin hat es noch kein Recht vor Gott. … Wir
beten zu Gott, an den wir durch Christus glauben. Daher kann
unser Gebet niemals eine Beschwörung Gottes sein, wir brauchen
uns vor ihm nicht mehr darzustellen. Wir dürfen wissen,
daß er weiß, was wir bedürfen, ehe wir darum bitten. Das gibt
unserem Gebet größte Zuversicht und fröhliche Gewißheit.
Nicht die Formel, nicht die Zahl der Worte, sondern der
Glaube faßt Gott bei seinem väterlichen Herzen, das uns längst
kennt. Das rechte Gebet ist nicht ein Werk, eine Übung, eine
fromme Haltung, sondern es ist die Bitte des Kindes zum
Herzen des Vaters. Darum ist das Gebet niemals demonstrativ,
weder vor Gott, noch vor uns selbst, noch vor anderen. Wüßte
Gott nicht, was ich bedarf, dann müßte ich darüber reflektieren,
wie ich es Gott sage, was ich ihm sage, ob ich es ihm sage.
So schließt der Glaube, aus dem ich bete, jede Reflektion, jede
Demonstration aus. Das Gebet ist das schlechthin Verborgene.
Es ist der Öffentlichkeit in jeder Weise entgegengesetzt. Wer
betet, kennt sich selbst nicht mehr, sondern nur noch Gott,
den er anruft. Weil das Gebet nicht in die Welt hineinwirkt,
sondern allein auf Gott gerichtet ist, ist es das undemonstrativste
Handeln schlechthin.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Nachfolge
, DBW Band 4, Seite 157f

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