Die christliche Sache lebt und stirbt mit dem Gebet, das
Gebet ist das Herz christlichen Lebens. Luther hat gesagt,
wie ein Schuster Schuhe macht und ein Schneider Kleider, so
muß ein Christ beten. Wer nicht betet, ist kein Christ. Daß das
heute nur so wenige wissen, liegt einfach daran, daß sie nicht
mehr verstehen, was beten heißt. Beten ist nicht nur bitten und
auch nicht nur danken. Beten heißt erstlich einmal so stille
werden, daß wir Gottes Wort an uns vernehmen, heißt dann
aber, diesem Wort Antwort geben, sei es in Worten oder in
Taten. … Beten heißt Gott nahekommen und nahe bleiben
wollen, weil er uns nahegekommen ist. Beten können wir nur,
weil Christus da ist, in ihm hat unser Gebet seinen Grund,
denn durch ihn haben wir Gott zum Vater. … Christus ist aber
auch die Kraft unseres Betens und nur aus dieser Kraft können
wir ohn’ Unterlaß beten (1 Thessalonicher 5,16-18). Aber eben weil
Christus unsere Kraft ist, die uns zum Vater führt, darum macht
das Gebet uns fröhlich und stark, darum kann ein Mensch, der
betet, nicht mehr Angst haben und nicht mehr traurig sein.
Im Gebet ist Christus, ist Gott uns nahe. Nahet euch zu Gott,
so naht er sich zu euch.
Quelle:
Barcelona, Berlin, Amerika 1928-1931, DBW Band 10,
Seite 572 f