Die Gestalt des Gerichteten und Gekreuzigten bleibt einer
Welt, in der der Erfolg das Maß und die Rechtfertigung
aller Dinge ist, fremd und im besten Falle bemitleidenswert.
Nicht Ideen oder Gesinnungen, sondern die Taten entscheiden.
Der Erfolg allein rechtfertigt geschehenes Unrecht. Die
Schuld vernarbt im Erfolg. Es ist sinnlos, den Erfolgreichen
seine Methoden vorzuwerfen. Man bleibt damit im Vergangenen
und währenddessen schreitet der Erfolgreiche weiter von
Tat zu Tat, gewinnt die Zukunft und macht das Vergangene unwiderruflich.
… Die Gestalt des Gekreuzigten setzt alles am
Erfolg ausgerichtete Denken außer Kraft; denn es ist eine Verleugnung
des Gerichtes. … Nur im Gericht gibt es Versöhnung
mit Gott und unter den Menschen. … Das Ja Gottes zum Kreuz
ist das Gericht über den Erfolgreichen. Der Erfolglose aber muß
erkennen, daß nicht seine Erfolglosigkeit als solche, sondern
allein die Annahme des Gerichtes der göttlichen Liebe ihn vor
Gott bestehen läßt. Daß dann gerade das Kreuz Christi, also
sein Scheitern an der Welt, wiederum zum geschichtlichen
Erfolg führt, ist ein Geheimnis des göttlichen Weltregiments,
aus dem keine Regel gemacht werden kann, das sich aber in
dem Leiden seiner Gemeinde hier und dort wiederholt.
Quelle:
Ethik, DBW Band 6,
Seite 75, 77f