Wie die Hoffnung wächst

Trübsal bringt Geduld« (Römer 5, 1-5). Geduld heißt wörtlich
übersetzt: Darunterbleiben, die Last nicht abwerfen, sondern
tragen. Viel zu wenig wissen wir heute in der Kirche von
dem eigentümlichen Segen des Tragens. Tragen, nicht abschütteln,
tragen, aber auch nicht zusammenbrechen, tragen wie
Christus das Kreuz trug, drunterbleiben und dort unten –
Christus finden. … Gottes Friede ist bei den Geduldigen.
»Geduld bringt Erfahrung«. Ein Christenleben besteht nicht in
Worten, sondern in Erfahrung. Niemand ist Christ ohne Erfahrung.
Nicht von Lebenserfahrung ist hier die Rede, sondern
von der Erfahrung Gottes. Aber auch nicht von allerlei Gotteserlebnissen
wird hier gesprochen, sondern von der Erfahrung,
die in der Bewährung des Glaubens und des Friedens Gottes
liegt, von der Erfahrung des Kreuzes Jesu Christi. Erfahren sind
nur die Geduldigen. Die Ungeduldigen erfahren
nichts. … Erfahrung bringt Hoffnung. Denn jede überstandene
Anfechtung ist ja schon das Vorspiel der letzten Überwindung,
jede besiegte Welle bringt uns dem ersehnten Land näher.
Darum wächst mit der Erfahrung die Hoffnung und in der
Erfahrung der Trübsal ist der Widerschein der ewigen Herrlichkeit
schon zu ahnen.
»Hoffnung aber läßt nicht zuschanden werden«. Wo noch
Hoffnung ist, da ist kein Unterliegen.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Illegale Theologenausbildung: Sammelvikariate 1937-1940
, DBW Band 15, Seite 474 f

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