Wir sind Bettler

Gott kommt zum Menschen und schenkt Gnade, der
Weg aus der Ewigkeit in die Zeit das heißt der Weg Jesu
Christi, das ist die paradoxe Botschaft, die wirkungskräftig
durch die alte Welt zog, die skeptisch geworden war gegen das
was vom Menschen kam.
Wir stehen vor Karfreitag und Ostern, den Tagen der übermächtigen
Taten Gottes in der Geschichte, der Taten in denen
Gericht und Gnade Gottes aller Welt sichtbar wurden: Gericht
in jenen Stunden in denen Jesus Christus der Herr am Kreuze
hing, Gnade in jener Stunde, als der Tod verschlungen wurde
in den Sieg. Nicht die Menschen haben hier etwas getan, nur
Gott allein hat’s getan. Er ist den Weg zu den Menschen gegangen
in unendlicher Liebe. Er hat gerichtet, was menschlich ist,
und er hat Gnade geschenkt jenseits von Verdienst (Römer 11, 6).
Als der alte Luther gestorben war, fand man auf seinem
Schreibtisch einen Zettel auf den er noch in den letzten Stunden
die Worte geschrieben hatte: Wir sind Bettler am Geist.
Und dabei bleibt’s, solange es Menschen gibt. Der aber König
ist im Geist, der Herr alles Lebens und aller Gnade, der lehre
uns erkennen, daß unsere Hoffnung und unser Leben steht und
fällt mit der Gnade Gottes. Sein ist die Tat, sein ist der Weg,
sein ist die Gnade, sein ist der Geist, sein ist unser Dienst und
unser Leben, sein die Ehre über alle Kreatur.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Barcelona, Berlin, Amerika 1928-1931
, DBW Band 10, Seite 460

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