Die gestaltenden Kräfte

Wir sind der christlichen Programme überdrüssig, überdrüssig
auch der gedankenlosen, oberflächlichen Parole
eines sogenannten praktischen Christentums anstelle eines
sogenannten dogmatischen Christentums. Die gestaltenden
Kräfte in der Welt kommen von ganz anderer Seite her als vom
Christentum, das sogenannte praktische Christentum versagt
in der Welt mindestens ebenso wie das sogenannte dogmatische.
Es muß also unter »Gestaltung« etwas ganz anderes verstanden
werden als wir gewöhnt sind darunter zu verstehen, und in
der Tat spricht die Heilige Schrift in einem uns zunächst ganz
fremden Sinne von Gestaltung. Nicht um Weltgestaltung
durch Planung und Programme geht es ihr in erster Linie,
sondern es geht ihr bei aller Gestaltung allein um die eine
Gestalt, die die Welt überwunden hat (Johannes 16, 33), um die
Gestalt Jesu Christi. Gestaltung gibt es nur von ihr aus. …
Das geschieht nicht durch Anstrengungen »Jesus ähnlich zu
werden«, wie wir es auszudrücken pflegen, sondern dadurch,
daß die Gestalt Jesu Christi von sich aus so auf uns einwirkt,
daß sie unsere Gestalt nach ihrer eignen prägt (Galater 4, 9).

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Ethik
, DBW Band 6, Seite 80 f

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