Die Kirche als eigenes Gemeinwesen dient der Erfüllung
des göttlichen Mandates der Verkündigung und zwar in
einer zweifachen Weise: erstens: indem alles in diesem Gemeinwesen
ausgerichtet ist auf die wirksame Ausrichtung der Christusverkündigung
an alle Welt, so also daß die Gemeinde selbst
nur Werkzeug, nur Mittel zum Zweck ist; zweitens: indem eben
in diesem Eintreten der Gemeinde für die Welt bereits das Ziel
und der Anbruch der Erfüllung des göttlichen Mandates der
Verkündigung geschehen ist, so also daß die Gemeinde gerade
indem sie selbst nur Werkzeug und Mittel zum Zweck sein will
zum Ziel- und Mittelpunkt alles Handelns Gottes mit der Welt
geworden ist. Der Begriff der Stellvertretung bezeichnet diese
doppelte Beziehung am Klarsten. Die christliche Gemeinde
steht an der Stelle, an der die ganze Welt stehen sollte; insofern
dient sie stellvertretend der Welt, ist sie um der Welt willen da.
Andererseits kommt die Welt dort zu ihrer eigenen Erfüllung,
wo die Gemeinde steht, die Gemeinde ist die »neue Schöpfung
«, die »neue Kreatur« (2 Korinther 5, 17), das Ziel der Wege
Gottes auf Erden. In dieser doppelten Stellvertretung steht die
Gemeinde ganz in der Gemeinschaft und Nachfolge ihres
Herrn, der gerade darin der Christus war, daß er ganz für die
Welt und nicht für sich selbst da war.
Quelle:
Ethik, DBW Band 6,
Seite 408