Der Anspruch der Obrigkeit an die Kirche

Der Anspruch der Obrigkeit auf Gehorsam und Ehrerbietung
erstreckt sich auch auf die Kirche. Im bezug auf das
geistliche Amt zwar kann die Obrigkeit nur den Anspruch erheben,
daß dieses Amt nicht in das weltliche Amt eingreife,
sondern seinen eigenen Auftrag erfülle, in dem ja die Mahnung
zum Gehorsam gegen die Obrigkeit mit einbegriffen ist. Über
diesen Auftrag selbst, wie er im Pfarramt und im Amt der Leitung
der Kirche ausgeübt wird, hat die Obrigkeit keine Gewalt.
Sofern das geistliche Amt öffentlich ausgeübtes Amt ist, hat die
Obrigkeit einen Anspruch auf Aufsicht, daß alles ordentlich,
d. h. der äußeren Gerechtigkeit gemäß zugeht. Nur in dieser
Hinsicht hat sie auch einen Anspruch, was personelle Besetzung
und Gestaltung des Amtes angeht. Das geistliche Amt
selbst ist der Obrigkeit nicht unterworfen. … Der Christ hört
als Bürger nicht auf Christ zu sein, sondern er dient Christus in
anderer Weise. Damit ist der echte obrigkeitliche Anspruch
auch schon inhaltlich ausreichend bestimmt. Er kann den
Christen nie gegen Christus führen, er hilft ihm vielmehr,
Christus in der Welt zu dienen. Die obrigkeitliche Person wird
dem Christen so zum Diener Gottes.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Konspiration und Haft 1940-1945
, DBW Band 16, Seite 528

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