Der Traum einer christlichen Gemeinschaft

Wer seinen Traum von einer christlichen Gemeinschaft
mehr liebt als die christliche Gemeinschaft selbst, der
wird zum Zerstörer jeder christlichen Gemeinschaft, und ob er
es persönlich noch so ehrlich, noch so ernsthaft und hingebend
meinte.
Gott haßt die Träumerei; denn sie macht stolz und anspruchsvoll.
Wer sich das Bild einer Gemeinschaft erträumt, der fordert
von Gott, von dem Andern und von sich selbst die Erfüllung.
Er tritt als Fordernder in die Gemeinschaft der Christen,
und richtet ein eigenes Gesetz auf. Er tut, als habe er erst die
christliche Gemeinschaft zu schaffen, als solle sein Traumbild
die Menschen verbinden. Was nicht nach seinem Willen geht,
nennt er Versagen. Wo sein Bild zunichte wird, sieht er die
Gemeinschaft zerbrechen.
Weil Gott den einzigen Grund unserer Gemeinschaft schon
gelegt hat, weil Gott uns längst, bevor wir in das gemeinsame
Leben mit andern Christen eintraten, mit diesem zu einem
Leib zusammengeschlossen hat in Jesus Christus, darum treten
wir nicht als die Fordernden, sondern als die Dankenden und
Empfangenden in das gemeinsame Leben mit andern Christen
ein. Wir danken Gott für das, was er an uns getan hat. Wir
beschweren uns nicht über das, was Gott uns nicht gibt, sondern
wir danken Gott für das, was er uns täglich gibt.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Gemeinsames Leben/Das Gebetbuch der Bibel
, DBW Band 5, Seite 24

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