In Fluch und Verheißung leben

Fluch und Verheißung ist die ewige Feindschaft in die der
Mensch gegen die Schlange, gegen die Macht der frommen
Gottlosigkeit gestellt ist. Der Mensch in der zerstörten Welt,
zwischen Gottes Fluch und Verheißung ist der angefochtene
Mensch. Nicht in Frieden und Ruhe hat er das Wort Gottes,
sondern er vernimmt es immer wieder in der Entstellung der
frommen Frage; nicht in Frieden, sondern in Feindschaft und
Kampf hält er sich zu Gott. Aber in diesem Fluchesschicksal ist
die Verheißung des immer neu zu erkämpfenden Sieges gegeben,
in dem der Mensch der Schlange den Kopf zertritt; freilich auch
er bleibt in diesem Kampf zurück als Verwundeter, als einer, den
die besiegte Schlange noch in die Verse sticht (1 Mose 3, 15).
Der Kampf um das Wort Gottes zeichnet ihn mit Narben. Kein
Heros, sondern ein in den Kampf verbissener, immer neu siegender
und immer neu verletzter soll der Mensch sein und mit ihm
sein ganzes Geschlecht. In diesem Kampf, den er als Fluch und
als Verheißung auf sich nimmt und durchkämpft, darf der
Mensch leben.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Schöpfung und Fall
, DBW Band 3, Seite 124

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