Die Botschaft von dem souveränen Gott

Das Christentum birgt in sich einen kirchenfeindlichen
Keim; denn nur allzunah liegt es, daß wir nur auf unsere
Christlichkeit und Kirchlichkeit einen Anspruch an Gott begründen
wollen, und damit die christliche Idee wieder völlig
mißverstehen und verzerren. Und doch braucht das Christentum
die Kirche, das ist das Paradoxe. Und hier liegt die ungeheure
Verantwortung, die die Kirche zu tragen hat. Ethik und
Religion und Kirche liegen in der Richtung des Menschen zu
Gott, Christus aber spricht allein, ganz allein von der Richtung
Gottes zum Menschen, nicht vom menschlichen Weg zu Gott,
sondern von Gottes Weg zum Menschen. Darum ist es auch so
grundverkehrt, im Christentum eine neue Moral zu suchen.
Faktisch hat Christus kaum ethische Vorschriften gegeben, die
nicht schon bei den gleichzeitigen jüdischen Rabbinern oder
heidnischer Literatur nachzuweisen wären. Das Wesen des
Christentums liegt in der Botschaft von dem souveränen Gott,
dem allein über alle Welt die Ehre gebührt, von dem ewig Anderen,
Weltfernen, der sich aus dem Urgrund seines Wesens
heraus in Liebe über den Menschen erbarmt, der ihm allein die
Ehre gibt, der den Weg zu den Menschen geht, um dort die
Gefäße seiner Ehre zu suchen, wo der Mensch nichts mehr ist,
wo er verstummt, wo er Gott allein Raum gibt.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Barcelona, Berlin, Amerika 1928-1931
, DBW Band 10, Seite 316

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