Der Gedanke, daß es ein Ewiges, Unendliches, gibt, macht
der Seele in ihrer Vergänglichkeit Angst. Sie will hinaus
über sich selbst, hin zum Unvergänglichen; sie will selbst unvergänglich
sein und weiß doch nicht, wie sie’s anfangen
soll. … Aus dieser Unruhe der Seele wuchsen die gewaltigen
Werke der Philosophie und der Kunst: die Systeme eines Plato
und Hegel, der Adam eines Michelangelo, die Quartette, Symphonien
Beethovens, die Dome der Gotik, die Bilder Rembrandts,
oder der Faust und der Prometheus Goethes hervor.
Alle wurden sie überwältigt von dem Gedanken eines Ewig-
Unvergänglichen. … Zugleich der grandioseste und zarteste
aller Versuche der Menschen zum Ewigen zu gelangen aus der
Angst und Unruhe ihres Herzens – ist die Religion. … Der
Mensch hat den Weg zum Licht, zur Freude, zur Ewigkeit gefunden.
Stolz kann das Menschengeschlecht auf die Blüte seines
Geistes weisen, – wenn nicht Eines wäre, nämlich: das Gott
Gott ist und daß Gnade Gnade ist (Römer 11, 6). Von hier aus
kommt die große Störung unser Illusionen und unserer Kulturseeligkeit,
die große Störung, die Gott selbst verursacht und die
der alte Mythos vom Turmbau zu Babel veranschaulicht. Unser
Weg zum Ewigen hin war unterbrochen wir stürzen hinab in die
Tiefe aus der wir kamen, mit unserer Philosophie und Kunst,
unserer Sittlichkeit und Religion. Denn ein anderer Weg tut
sich auf, der Weg Gottes zum Menschen.
Quelle:
Barcelona, Berlin, Amerika 1928-1931, DBW Band 10,
Seite 456 ff