Die Summe des Christentums

Nicht Religion macht uns gut vor Gott, sondern Gott allein
macht uns gut; seine Tat ist’s, auf die es ankommt. Vor der
aller unser Anspruch versinkt. Unter dem göttlichen Gericht
stehen Kultur wie Religion. Die Motive unserer Sittlichkeit
und unserer Religion sind entlarvt, wir wollten Herren sein des
Ewigen und nun sind wir Sklaven. Nur eine Rettung bleibt: der
Weg Gottes, das heißt der Gnade. … Nicht Religion, sondern
Offenbarung, Gnade, Liebe, nicht Weg zu Gott, sondern Weg
Gottes zum Menschen, das ist die Summe des Christentums.
Hier liegt die große Enttäuschung und die noch viel größere
Hoffnung. Unser Verdienst, unser Stolz, – unsere Ehre – damit
ist’s freilich aus. Aber Gottes Gnade, Gottes Ruhm, Gottes
Ehre, das beginnt. Nicht unsere Religion – auch nicht die
christliche! – sondern Gottes Gnade, das ist die Botschaft des
ganzen Christentums. Nicht unsere ausgereckte Bettlerhand,
sondern das, womit sie Gott füllt, darauf kommt’s an; und das
heißt eben überhaupt zunächst nicht wir und unser Tun, sondern
zunächst Gott und Gottes Tun. Unser Tun nur soweit es
Raum schafft für Gottes Tun, soweit es Gottes Gnade Gnade
sein läßt. Nicht auf uns steht unsere Hoffnung, sondern auf
Gott. Wo aber gäbe es einen Ort, wo sie fester stünde als auf
Gott.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Barcelona, Berlin, Amerika 1928-1931
, DBW Band 10, Seite 458 f

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