Der Mensch als Mensch vor Gott

Die Kirche hat nicht zweierlei Gebot zu ihrer Verfügung,
eines für die Welt ein anderes für die christliche Gemeinde,
sondern ihr Gebot ist das in Jesus Christus offenbarte eine
Gebot Gottes, das sie aller Welt verkündigt. Dieses Gebot
verkündigt die Kirche, indem sie Jesus Christus als Herrn und
Heiland seiner Gemeinde und aller Welt bezeugt und damit in
seine Gemeinschaft ruft.
Jesus Christus, der ewige Sohn beim Vater in Ewigkeit, – das bedeutet,
daß nichts Geschaffenes gedacht und in seinem Wesen
begriffen werden kann ohne Christus, dem Mittler der Schöpfung.

Jesus Christus, der menschgewordene Gott, – das bedeutet, daß
Gott alles menschliche Wesen leibhaftig angenommen hat, daß
göttliches Wesen von nun an nicht anders als in menschlicher
Gestalt gefunden werden kann, daß in Jesus Christus der
Mensch dazu befreit ist vor Gott wirklich Mensch zu sein. Das
»Christliche« ist nun nicht etwas jenseits des Menschlichen,
sondern es will mitten im Menschlichen sein. Das »Christliche
« ist nicht ein Selbstzweck, sondern es besteht darin, daß
der Mensch als Mensch vor Gott leben darf und soll.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Ethik
, DBW Band 6, Seite 403 f

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