Das leibliche Leben

Das leibliche Leben, das wir ohne unser Zutun empfangen,
trägt in sich das Recht auf seine Erhaltung. Es ist dies
nicht ein Recht, das wir uns geraubt oder erworben hätten,
sondern es ist im eigentlichsten Sinne »mit uns geborenes«,
empfangenes Recht, das vor unserem Willen da ist, das im
Seienden selbst ruht. Da es nach Gottes Willen menschliches
Leben auf Erden nur als leibliches Leben gibt, hat der Leib um
des ganzen Menschen willen das Recht auf Erhaltung. … Die
Wohnung des Menschen hat nicht wie der tierische Unterschlupf
nur den Sinn eines Schutzes vor Unwetter und Nacht
und der Pflegestätte für die Jungen, sondern sie ist der Raum, in
dem der Mensch die Freuden eines persönlichen Lebens in der
Geborgenheit der Seinen und seines Eigentums genießen darf.
Essen und Trinken dient nicht allein dem Zweck der Gesunderhaltung
des Körpers, sondern auch der natürlichen Freude am
leiblichen Leben. Die Kleidung soll nicht nur den Körper notdürftig
bedecken, sondern zugleich eine Zierde des Leibes sein.
Erholung hat nicht nur den Zweck einer größeren Arbeitsleistung,
sondern sie gewährt dem Leib das Maß der ihm zukommenden
Ruhe und Freude. … Wo einem Menschen die Möglichkeit
leiblicher Freuden genommen wird, indem sein Leib
ausschließlich als Mittel zum Zweck gebraucht wird, dort findet
ein Eingriff in das ursprüngliche Recht leiblichen Lebens statt.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Ethik
, DBW Band 6, Seite 179, 181

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