Das Böse, der Kluge, die Gerechtigkeit

Es gehört zu den erstaunlichsten, aber zugleich unwiderleglichsten
Erfahrungen, daß das Böse sich – oft in einer
überraschend kurzen Frist – als dumm und unzweckmäßig erweist.
Damit ist nicht gemeint, daß jeder einzelnen bösen Tat
die Strafe auf dem Fuße folgt, aber daß die prinzipielle Aufhebung
der göttlichen Gebote im vermeindlichen Interesse der
irdischen Selbsterhaltung gerade dem eigenen Interesse dieser
Selbsterhaltung entgegenwirkt. …
Der Kluge erkennt in der Fülle des Konkreten und der in ihm
enthaltenen Möglichkeiten zugleich die unübersteiglichen
Grenzen, die allem Handeln durch die bleibenden Gesetze
menschlichen Zusammenlebens gegeben sind, und in dieser
Erkenntnis handelt der Kluge gut bzw. der Gute klug. …
Es ist einfach in der Welt so eingerichtet, daß die grundsätzliche
Achtung der letzten Gesetze und Rechte des Lebens zugleich
der Selbsterhaltung am dienlichsten ist und daß diese Gesetze
sich nur eine ganz kurze, einmalige, im Einzelfall notwendige
Überschreitung gefallen lassen, während sie den, der aus der
Not ein Prinzip macht und also neben ihnen ein eigenes
Gesetz aufrichtet, früher oder später – aber mit unwiderstehlicher
Gewalt – erschlagen. Die immanente Gerechtigkeit der
Geschichte lohnt und straft nur die Tat, die ewige Gerechtigkeit
Gottes prüft und richtet die Herzen.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Widerstand und Ergebung
, DBW Band 8, Seite 29 f

Gedanken zum 27. August

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