Handeln in stellvertretender Verantwortung

Nicht aus der bitteren Resignation über den unheilbaren
Riß zwischen Christlichem und Weltlichem, sondern aus
der Freude über die vollzogene Versöhnung der Welt mit Gott,
aus dem Frieden des vollbrachten Heilswerkes in Jesus Christus
kommen die neutestamentlichen Worte über das christliche
Handeln, kommt die Bergpredigt (Matthäus 5-7).Wie in Jesus
Christus Gott und Mensch eins wurde, so wird durch ihn im
Handeln des Christen das Christliche und das Weltliche eins.
Sie streiten nicht widereinander als zwei ewig feindliche
Prinzipien, sondern das Handeln des Christen quillt aus der in
Christus geschaffenen Einheit von Gott und Welt. … Es ist
ein Handeln in stellvertretender Verantwortung, in Liebe zum
wirklichen Menschen, im Aufsichnehmen der Schuld, die auf
der Welt liegt. Was »christlich« und was »weltlich« ist, steht
nun nicht mehr von vornherein fest, sondern beides wird in
seiner Einheit erst begriffen in der konkreten Verantwortung
des Handelns im Blick auf die in Jesus Christus geschaffene
Einheit.
Die Bergpredigt stellt den zum geschichtlichen Handeln Geforderten
vor das Ereignis der Versöhnung der Welt mit Gott in
Jesus Christus, und damit in die echte christliche Verantwortung.
Diese echte christliche Verantwortung umfasst das Ganze
des weltlichen Handelns. Sie läßt sich keineswegs auf irgendeinen
isolierten religiösen Bereich beschränken.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Ethik
, DBW Band 6, Seite 237f

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