Frieden mit jedermann

Wir Christen sind nach dem Gebot der Liebe (Matthäus
22, 37-39) zunächst daraufhin angeredet, daß wir selber
Frieden mit jedermann haben, wie auch Christus, wenn er der
Gemeinde den Frieden predigte, den Frieden am Bruder, am
Nächsten, am Samariter exemplifizierte. Ohne daß wir diesen
Frieden haben, können wir nicht den Völkern Frieden predigen.
Und die meisten, die sich am Wort vom Frieden der
Völker ärgern, stellen schon die Feindesliebe gegen den persönlichen
Feind infrage. Wenn wir also von Dingen des Friedens
reden, werden wir immer im Auge behalten, daß die Beziehungen
zweier Völker eine tiefe Analogie haben mit den Beziehungen
zweier einzelner Menschen. Die Dinge, die sich dem Frieden
entgegenstellen, sind hier wie dort Machtgier, Stolz, Drang
nach Ruhm und Ehre, Hochmut und Minderwertigkeitsgefühle,
Menschenfurcht, dann Streit um Lebensraum und ums Brot.
Was aber im einzelnen Menschen Sünde ist, ist für ein Volk
nimmermehr Tugend. Was der Kirche, der Gemeinde und damit
dem einzelnen Christen als Evangelium verkündigt ist, das
ist der Welt zum Gericht gesagt. Wenn aber ein Volk dies Gebot
nicht hören will, dann sind Christen als Zeugen aus diesem
Volk herausgerufen. Haben wir aber acht, daß wir elende Sünder
aus der Liebe heraus den Frieden verkündigen, nicht aus
Eifer um die Sicherheit, um ein politisches Ziel.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Berlin 1932-1933
, DBW Band 12, Seite 234 f

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