Ein in jeder Weise fremder Ort

Die ganze Bibel will das Wort sein, in dem Gott sich von
uns finden lassen will. Kein Ort, der uns angenehm oder
von vornherein einsichtig wäre, sondern ein uns in jeder Weise
fremder Ort, der uns ganz und gar zuwider ist. Aber eben der
Ort, an dem Gott erwählt hat, uns zu begegnen. So lese ich nun
die Bibel. Ich frage jede Stelle: was sagt Gott hier zu uns? und
ich bitte Gott, daß er uns zeigt, was er sagen will. Also, wir dürfen
garnicht mehr nach allgemeinen, ewigen Wahrheiten suchen,
die unserm eigenen »ewigen« Wesen entsprächen und als
solche evident zu machen wären. Sondern wir suchen den
Willen Gottes, der uns ganz fremd und zuwider ist, dessen Wege
nicht unsere Wege und dessen Gedanken nicht unsere Gedanken
sind (Jesaja 55,8), der sich uns verbirgt unter dem Zeichen des
Kreuzes, an dem alle unsere Wege und Gedanken ein Ende haben.
Gott ist etwas ganz anderes als die sogenannte ewige Wahrheit.
Das ist immer noch unsere selbsterdachte und gewünschte
Ewigkeit. … Es bleibt also nichts als die Entscheidung, ob wir
dem Wort der Bibel trauen wollen oder nicht, ob wir uns von
ihm halten lassen wollen, wie von keinem andern Wort im
Leben und im Sterben. Und ich glaube, wir werden erst dann
recht froh und ruhig werden können, wenn wir diese Entscheidung
getroffen haben.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Illegale Theologenausbildung: Finkenwalde 1935-1937
, DBW Band 14, Seite 146, 148

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