Gott braucht das ganze Herz

Wer Gottes Wort empfangen hat, der muß anfangen Gott
zu suchen; er kann nicht anders. … Wir können Gott
nirgends anders suchen als in seinem Wort; aber dieses Wort ist
lebendig und unerschöpflich; denn Gott selbst lebt darin. Hat
uns Gottes Wort getroffen, so dürfen wir es sagen: ich suche
dich von ganzem Herzen (Psalm 119, 10). Denn mit halbem Herzen
würden wir einen Götzen, aber niemals Gott selbst suchen.
Gott braucht das ganze Herz. Er will nichts (nicht etwas) von
uns, sondern er will uns selbst und ganz. Das hat uns sein Wort
gesagt. Darum suchen wir ihn mit ganzem Herzen. Nur eine
Sorge gibt es noch für uns, daß wir von dem angefangenen
Wege, von den vernommenen Geboten, abirren. Abirren sagt
der Beter. Er denkt nicht mehr an ein vorsätzliches mutwilliges
Übertreten, der erkannten göttlichen Gebote. Aber wie leicht
irren wir, wenn das Böse unseren Blick vernebelt, wir geraten
auf Abwege und wissen nicht mehr aus und ein und finden
nicht mehr zu den Geboten Gottes zurück. Vor der Sünde des
Abirrens, vor der unwissentlichen Sünde uns zu bewahren müssen
wir Gott täglich bitten (4 Mose 15, 22 ff); denn sind wir erst
einmal unwissentlich auf böse Wege geraten, dann gewinnen
wir oft schnell Gefallen an diesem Weg und aus dem Irrtum
wird böser Vorsatz. Wer aber Gott von ganzem Herzen sucht,
der wird nicht in die Irre gehen.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Illegale Theologenausbildung: Sammelvikariate 1937-1940
, DBW Band 15, Seite 518f

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