Ein Glaube, der nicht hofft, ist krank. Er ist wie ein hungriges
Kind, das nicht essen, oder wie ein müder Mensch,
der nicht schlafen will. So gewiß der Mensch glaubt, so gewiß
hofft er. Und es ist keine Schande zu hoffen, grenzenlos zu hoffen.
Wer wollte auch von Gott reden, ohne zu hoffen. Wer
wollte auch von Gott reden, ohne zu hoffen, ihn einmal zu
schauen? Wer wollte von Frieden und von der Liebe unter den
Menschen reden, ohne sie einmal in Ewigkeit erleben zu wollen?
Wer wollte von einer neuen Welt und einer neuen
Menschheit reden, ohne zu hoffen, daß er an ihr teilhaben
werde? Und warum sollen wir uns unserer Hoffnung schämen?
Nicht unserer Hoffnung werden wir uns einstmals zu schämen
haben, sondern unsrer ärmlichen und ängstlichen Hoffnungslosigkeit,
die Gott nichts zutraut, die in falscher Demut nicht zugreift,
wo Gottes Verheißungen gegeben sind, die resigniert in
diesem Leben und sich nicht freuen kann auf Gottes ewige
Macht und Herrlichkeit. Je mehr ein Mensch zu hoffen wagt,
desto größer wird er mit seiner Hoffnung: Der Mensch wächst
mit seiner Hoffnung – wenn es nur die Hoffnung auf Gott und
seine alleinige Kraft ist. Die Hoffnung bleibt.
Quelle:
London 1933-1935, DBW Band 13,
Seite 401f