Glaube allein rechtfertigt – Liebe vollendet

Der Glaube allein rechtfertigt – auf diesen Satz ist unsere
protestantische Kirche erbaut. Auf die Frage des Menschen:
wie kann ich vor Gott bestehen? fand Luther in der
Bibel als einzige Antwort: indem Du seiner Gnade und Barmherzigkeit
in Jesus Christus glaubst. … Der Glaube allein rechtfertigt
– aber die Liebe vollendet.
Glaube und Hoffnung gehen in die Ewigkeit ein in der verwandelten
Gestalt der Liebe. Vollendung heißt Liebe. – Aber das
Zeichen der Vollendung in dieser Welt heißt Kreuz. Das ist der
Weg, den die vollendete Liebe in dieser Welt gehen muß und
immer wieder gehen wird. Das aber zeigt uns erstens, daß diese
Welt reif ist zum Abbruch, überreif; daß es nur Gottes unbeschreibliche
Geduld ist, die noch wartet bis zum Ende.
Zweitens, daß die Kirche in dieser Welt Kirche unter dem
Kreuz bleibt. Besonders die Kirche, die Kirche der sichtbaren
Herrlichkeit schon hier werden will, sie hat ihren Herrn am
Kreuz verleugnet. Glaube, Hoffnung, Liebe (1 Korinther 13, 13)
führen allesamt durchs Kreuz zur Vollendung. …
Die tausendmal betrogene und enttäuschte Menschheit braucht
Glauben, die wunde und leidende Menschheit braucht Hoffnung,
die in Zwietracht und Misstrauen gefallene Menschheit
braucht Liebe. …
Lassen wir uns zurufen am Reformationstag: glaubt, hofft,
und vor allem liebt – und ihr werdet die Welt überwinden
(1 Johannes 5, 4).

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
London 1933-1935
, DBW Band 13, Seite 403 f

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