Das Reden von den menschlichen Grenzen

Die Religiösen sprechen von Gott, wenn menschliche
Erkenntnis (manchmal schon aus Denkfaulheit) zu Ende
ist oder wenn menschliche Kräfte versagen – es ist eigentlich
immer der deus ex machina, den sie aufmarschieren lassen,
entweder zur Scheinlösung unlösbarer Probleme oder als Kraft
bei menschlichem Versagen, immer also in Ausnutzung
menschlicher Schwäche bzw. an den menschlichen Grenzen;
das hält zwangsläufig immer nur solange vor, bis die Menschen
aus eigener Kraft die Grenzen etwas weiter hinausschieben
und Gott als deus ex machina überflüssig wird; das Reden von
den menschlichen Grenzen ist mir überhaupt fragwürdig geworden,
… es scheint mir immer, wir wollten dadurch nur ängstlich
Raum aussparen für Gott; – ich möchte von Gott nicht an
den Grenzen, sondern in der Mitte, nicht in den Schwächen,
sondern in der Kraft, nicht also bei Tod oder Schuld, sondern
im Leben und im Guten des Menschen sprechen. An den
Grenzen scheint es mir besser, zu schweigen und das Unlösbare
ungelöst zu lassen.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Widerstand und Ergebung
, DBW Band 8, Seite 407f

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