Das letzte Wort, nicht vor dem vorletzten Wort

Ich spüre übrigens immer mehr, wie alttestamentlich ich
denke und empfinde; so habe ich in den vergangenen
Monaten auch vielmehr Altes Testament als Neues Testament
gelesen. Nur wenn man die Unaussprechlichkeit des Namens
Gottes kennt darf man auch einmal den Namen Jesus Christus
aussprechen; nur wenn man das Leben und die Erde so liebt,
daß mit ihr alles verloren und zu Ende zu sein scheint, darf man
an die Auferstehung der Toten und eine neue Welt glauben;
nur wenn man das Gesetz Gottes über sich gelten läßt, darf
man wohl auch einmal von Gnade sprechen, und nur wenn
der Zorn und die Rache Gottes über seine Feinde als gültige
Wirklichkeiten stehen bleiben, kann von Vergebung und von
Feindesliebe etwas unser Herz berühren. Wer zu schnell und zu
direkt neutestamentlich sein und empfinden will, ist m. E. kein
Christ. Man kann und darf das letzte Wort nicht vor dem
vorletzten sprechen. Wir leben im Vorletzten und glauben an
das Letzte.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Widerstand und Ergebung
, DBW Band 8, Seite 226

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