Gott Gott sein lassen

Gedenke, wovon du gefallen bist, tu Buße …«
(Offenbarung 2, 5 a).
Es ist nichts anderes als dieser Ruf, der Luther zu seiner Tat
getrieben hat. Du solltest brennen und du bist kalt, du solltest
wachen und du bist träg, du solltest hungern, und du bist satt,
du solltest glauben, und du hast Angst, du solltest hoffen, und
du greifst nach der Macht, du solltest lieben, und du kommst
nicht von dir los, du solltest Christus den Herrn sein lassen,
und du fällst ihm ins Wort, du solltest in ihm Wunder tun, und
du tust nicht einmal das Alltägliche. Die Reformationskirche
ist die Kirche derer, die sich diesem Ruf aussetzen, die hier Gott
Gott sein lassen, die weiß, daß der, der steht, zusehen mag, daß
er nicht falle, daß er sich also seines Stehens nicht rühme. In
Gottes Wort allein steht unsere Kirche, und in seinem Wort
allein sind wir die Gerichteten. Die Kirche, die in der Buße
steht, die Kirche, die Gott Gott sein läßt, ist die Kirche der
Apostel und Luthers.
»… und tu die ersten Werke«. Dies letzte gehört unbedingt
dazu. Ohne es hat das Vorangegangene keinen Sinn. Es ist ein
grauenvolles Mißverständnis des Evangeliums, wollte man
meinen, der Glaube, die Buße sei ein Ding für fromme Abendund
Morgenstunden. Glaube, Buße heißt Gott Gott sein
lassen – auch in unserem Tun, gerade in unserem Tun ihm
gehorsam sein.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Berlin 1932-1933
, DBW Band 12, Seite 429

Gedanken zum 21. November

Leben und Werk

Bonhoeffer heute

Forschung

ibg