Dankbare Erinnerung

Liebe Eltern! … Ich brauche Euch nicht zu sagen, wie groß
meine Sehnsucht nach Freiheit und nach Euch allen ist.
Aber Ihr habt uns durch Jahrzehnte hindurch so unvergleichlich
schöne Weihnachten bereitet, daß die dankbare Erinnerung
daran stark genug ist, um auch ein dunkleres Weihnachten
zu überstrahlen. In solchen Zeiten erweist es sich eigentlich
erst, was es bedeutet, eine Vergangenheit und ein inneres Erbe
zu besitzen, daß von dem Wandel der Zeiten und Zufälle unabhängig
ist. Das Bewußtsein, von einer geistigen Überlieferung,
die durch Jahrhunderte reicht, getragen zu sein, gibt einem
allen vorübergehenden Bedrängnissen gegenüber das sichere
Gefühl der Geborgenheit. Ich glaube, wer sich im Besitze solcher
Kraftreserven weiß, braucht sich auch weicherer Gefühle,
die meiner Meinung nach doch zu den besseren und edleren der
Menschen gehören, nicht zu schämen, wenn die Erinnerung an
eine gute und reiche Vergangenheit sie hervorruft. Überwältigen
werden sie denjenigen nicht, der an den Werten festhält,
die ihm kein Mensch nehmen kann.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Widerstand und Ergebung
, DBW Band 8, Seite 240

Gedanken zum 15. Dezember

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