Alles hat seine Stunde

Gott wird dem, der ihn in seinem irdischen Glück findet
und ihm dankt, schon nicht an Stunden fehlen lassen,
in denen er daran erinnert wird, daß alles Irdische nur etwas
Vorläufiges ist und daß es gut ist, sein Herz an die Ewigkeit zu
gewöhnen. … Dies alles hat seine Zeit und die Hauptsache ist,
daß man mit Gott Schritt hält und ihm nicht immer schon
einige Schritte vorauseilt, allerdings auch keinen Schritt hinter
ihm zurückbleibt. Es ist Übermut, alles auf einmal haben zu
wollen. Alles hat »seine Stunde«: »weinen und lachen, …
herzen und ferne sein von herzen, … zerreißen und zunähen …
(Prediger 3, 4, 5b. 7a) und Gott sucht wieder auf was vergangen ist«
(Prediger 3, 15b). Dies letzte heißt doch wohl, daß nichts Vergangenes
verloren ist, daß Gott mit uns unsere Vergangenheit, die
zu uns gehört, wieder aufsucht. Wenn also die Sehnsucht nach
einem Vergangenen uns überfällt – und das geschieht zu völlig
unberechenbaren Zeiten – dann können wir wissen, daß das
nur eine der vielen »Stunden« ist, die Gott für uns noch bereit
hält und dann sollen wir wohl nicht auf eigene Faust, sondern
mit Gott das Vergangene wieder aufsuchen.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Widerstand und Ergebung
, DBW Band 8, Seite 244 f

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