In Jahrmillionen oder in einzelnen Tagen

Wenn die Bibel von sechs Schöpfungstagen spricht, so
mag sie wohl an den Tag von Morgen und Abend
gedacht haben, aber sie hat eben auch diesen Tag nicht rechenhaft
gemeint, sondern sie hat ihn gedacht als die Macht des
Tages, die den physikalischen Tag erst zu dem macht, was er ist,
als die natürliche Dialektik der Schöpfung. Das physikalische
Problem steht hier überhaupt nicht zurr Diskussion, wovon
»Tag« geredet wird. Es tut dem biblischen Denken keinen Eintrag,
ob die Schöpfung in Rhythmen von Jahrmillionen oder in
einzelnen Tagen geschehen ist, wir haben keinen Anlaß, das
letztere zu beteuern noch das erstere zu bezweifeln. Aber die
Frage als solche geht uns nichts an. Daß der biblische Autor,
sofern sein Wort Menschenwort ist, seiner Zeit, seiner Erkenntnis,
seinen Grenzen verfallen ist, wird ebenso wenig bestritten,
wie daß durch dieses Wort nur Gott selbst von seiner Schöpfung
zu uns redet. Die Tagewerke Gottes sind die Rhythmen, in
denen die Schöpfung ruht.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Schöpfung und Fall
, DBW Band 3, Seite 46

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