Gott ist ein Gott des Tragens

Das Leiden muß getragen werden, damit es vorübergeht.
Entweder die Welt muß es tragen und daran zugrundegehen,
oder es fällt auf Christus und wird in ihm überwunden.
So leidet Christus stellvertretend für die Welt. … Stellvertretend
steht die Gemeinde Jesu Christi für die Welt vor Gott
indem sie nachfolgt unter dem Kreuz. Gott ist ein Gott des
Tragens. Der Sohn Gottes trug unser Fleisch, er trug darum das
Kreuz, er trug alle unsere Sünden und schuf durch sein Tragen
Versöhnung. So ist auch der Nachfolger zum Tragen gerufen.
Im Tragen besteht das Christsein. Wie Christus im Tragen die
Gemeinschaft des Vaters bewahrt, so ist das Tragen des Nachfolgenden
Gemeinschaft mit Christus. Der Mensch kann die
ihm auferlegte Last auch abschütteln. Aber er wird damit nicht
von der Last überhaupt frei, sondern er trägt nun eine viel
schwerere, unerträglichere Last. Er trägt das selbstgewählte
Joch seiner selbst. Jesus hat alle, die mit mancherlei Leiden und
Lasten beladen sind, gerufen, ihr Joch abzuwerfen und sein Joch
auf sich zu nehmen, das sanft, und seine Last, die leicht ist
(Matthäus 11, 30). Sein Joch und seine Last ist das Kreuz. Unter
diesem Kreuz zu gehen ist nicht Elend und Verzweiflung, sondern
Erquickung und Ruhe für die Seelen, ist höchste Freude.
Hier gehen wir nicht mehr unter selbstgemachten Gesetzen
und Lasten, sondern unter dem Joch dessen, der uns kennt und
der selbst mit unter dem Joch geht. Unter seinem Joch sind wir
seiner Nähe und Gemeinschaft gewiß. Er selbst ist es, den der
Nachfolgende findet, wenn er sein Kreuz aufnimmt.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Nachfolge
, DBW Band 4, Seite 84

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