Alte Osterfragen

Es wird alles darauf ankommen, daß wir recht verstehen,
was Paulus mit dem Wort »auferstanden« meint. Was
heißt Auferstehung und was kann sie für uns bedeuten. Das
sind die alten Osterfragen, um deren Beantwortung zu ringen
wir nun einmal nicht herum kommen, ohne eine Gedankenlosigkeit
zu begehen. Es ist die überwältigende Tatsache des
immer sich erneuernden Frühlings gewesen, die die Menschheit
in aller Welt etwas ahnen ließ von einem Urkampf zwischen
Finsternis und Licht, in dem nach hartem Ringen das Licht den
Sieg davonträgt; jedes Jahr erneuert sich das ungeheure Schauspiel
der Natur und weckt in der Menschheit eine Ahnung von
einer Auferstehungshoffnung; alles Dunkel muß endlich hell
werden. … Im Tode der Natur liegen schon die Keime des
Lebens. Der Tod ist ja garnicht eigentlich Tod, sondern eine
Epoche des Lebens, daß keimhaft weiter besteht in den scheinbar
erstarrten Körpern. Das Leben und das Licht muß siegen
und Tod und Dunkel sind nur dessen Erscheinungsform. Solche
Gedanken sind Gemeingut und Urgut der Menschheit bis in
ihr primitivstes geistiges Leben hinein und solche Gedanken
sind es, auf die sich unser modernisierter Osterglaube zurückzieht
und dabei ja nicht einmal sieht, daß das Christentum über
Ostern ganz andere Dinge zu sagen hat.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Barcelona, Berlin, Amerika 1928-1931
, DBW Band 10, Seite 462 f

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