Eine zentrale Verkündigung des Neuen Testaments

Daß Gott die Welt in Christus geliebt und mit sich versöhnt
hat, ist die zentrale Verkündigung des Neuen Testaments.
In ihr ist vorausgesetzt, daß die Welt der Versöhnung mit Gott
bedürftig, doch von sich aus nicht fähig ist. Die Annahme der
Welt ist ein Wunder der göttlichen Barmherzigkeit. Darum ist
das Verhältnis der Gemeinde zur Welt ganz und gar bestimmt
durch das Verhältnis Gottes zur Welt. Es gibt eine Liebe zur
Welt, die Feindschaft gegen Gott ist (Jakobus 4, 4; 1 Johannes 2, 15),
weil sie am Wesen der Welt an sich und nicht aus der Liebe
Gottes zur Welt entspringt. Die Welt »an sich«, so wie sie sich
selbst versteht und wie sie sich gegen die Wirklichkeit der ihr
geltenden Liebe Gottes in Jesus Christus wehrt, ja diese verwirft,
ist dem Gericht Gottes über alle Christusfeindschaft
verfallen. Sie steht mit der Gemeinde im Kampf auf Leben und
Tod. Dennoch ist es der Auftrag und das Wesen der Gemeinde,
gerade dieser Welt ihre Versöhnung mit Gott zuzusprechen und
ihr die Wirklichkeit der Liebe Gottes zu enthüllen, gegen die
sie blind wütet. So wird auch und gerade die verlorene und
gerichtete Welt unaufhörlich in das Christusgeschehen hineingezogen.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Ethik
, DBW Band 6, Seite 52

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