Geistliche Autorität

Echte geistliche Autorität gibt es nur, wo der Dienst des
Hörens, Helfens, Tragens und Verkündigens erfüllt wird.
Jeder Personenkult, der sich auf bedeutende Eigenschaften, auf
hervorragende Fähigkeiten, Kräfte, Begabungen eines Andern –
und seien sie durchaus geistlicher Art – erstreckt, ist weltlich
und hat in der christlichen Gemeinde keinen Raum, ja er vergiftet
sie. Das heute so oft gehörte Verlangen nach den »bischöflichen
Gestalten«, nach den »priesterlichen Menschen«,
nach »vollmächtigen Persönlichkeiten« entspringt oft genug
dem geistlich kranken Bedürfnis nach Bewunderung von Menschen,
nach Aufrichtung sichtbarer Menschenautorität, weil
die echte Autorität des Dienstes zu gering erscheint. Nichts
widerspricht solchem Verlangen schärfer als das Neue Testament
selbst in seiner Schilderung des Bischofs (1Timotheus 3,1 ff).
Hier ist nichts von dem Zauber menschlicher Begabungen, von
den glänzenden Eigenschaften einer geistlichen Persönlichkeit
zu finden. …
Die geistliche Vertrauensfrage, die mit der Autoritätsfrage in so
engem Zusammenhang steht, entscheidet sich an der Treue, mit
der einer im Dienste Jesu Christi steht, niemals aber an den
außerordentlichen Gaben, über die er verfügt. Seelsorgerliche
Autorität kann nur der Diener Jesu finden, der keine eigene
Autorität sucht.

Dietrich Bonhoeffer

Quelle:
Gemeinsames Leben/Das Gebetbuch der Bibel
, DBW Band 5, Seite 91f

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